"Lebenslang ein Kindskopf“ - unter solchen Überschriften erscheinen Artikel zum hundertsten Geburtstag von Eugen Oker. Nicht dass es falsch wäre; der am 24. Juni 1919 im oberpfälzischen Schwandorf geborene und 2006 in München gestorbene Schriftsteller war wirklich u.a. ein Spielenarr, er faltete mit Frau und Kindern 1977 Papierschiffchen und ließ sie am 7.7.1977 am Chiemsee vom Stapel, solche Sachen: wunderbare Kindereien, verfolgt mit Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit. Nur führt das Prädikat „Kindskopf“ dennoch in die Irre. Denn zuallererst ist Eugen Oker ein Schriftsteller, den man noch viele hundert Jahre lesen wird, weil er seine Zeit und sein Land (und natürlich auch sich selbst) so wahrheitsgetreu beschrieben und so gnadenlos analysiert hat wie kaum sonstwer. Man muss nur zwei oder drei der seit seinem Tod endlich nachgedruckten Bände in die Hand nehmen. Etwa „Zahlbar nach dem Endsieg“ (2008), dessen vier Kapitel „Nach Paris“, „Nach Moskau“, „Nach Hause“ und „Nachher“ überschrieben sind, oder „...und ich der Fahnenträger“ (2010), ein „negativer Erziehungsroman“, in dem ein Jugendlicher in den Jahren 1932 bis 1936 erklärt, warum er die Hitlerjugend so rundum überzeugend findet; der Hauptgrund ist der, dass Eltern und Lehrer zwar keine Hitleranhänger sind, sich aber auch nicht dazu entschließen können, den Nazis etwas entgegenzusetzen. Zum runden Geburtstag ist nun, wieder im kleinen, aber feinen Lichtung Verlag in Viechtach im Bayerischen Wald der Band „Lebensfäden“ erschienen, in dessen letztem Kapitel eine Wallfahrt zum Obersalzberg aus der Perspektive eines Hitlerjungen enthalten ist, die von der Komik her in die Kategorie von Lubitschs „Sein oder Nichtsein“ gehört. Nachfolgend zum Hundertsten von Eugen Oker noch einmal der 2006 in konkret erschienene Nachruf von Florian Sendtner auf ihn.