19.12.2012 11:08
Die Krise im Hause Suhrkamp hat Tradition. Georg Seeßlen machte schon in KONKRET 02/2007 einige Vorschläge zur Dramatisierung der Konflikte.
Um was genau es sich handelt, kann uns noch nicht klar geworden sein. Dies läßt, pflegte Kapitän Grant zu sagen, weder die Informationslage, noch unsere geistige Verfassung zu. Haben wir es etwa mit einem vollkommen trivialen Geschehen wirtschaftlicher Umgestaltung zu tun, dergestalt, daß ein weiteres traditionelles »Unternehmen« aufgelöst wird, um eine »Marke« in Manövriermasse zwischen den internationalen Konzernen zu verwandeln? Ist es eine Farce, dargeboten von sehr späten Pausenclowns des institutionellen Kulturpessimismus (der, wie wir wissen, immer recht hat, denn der größte Trunkenbold und Misanthrop bringt es nicht fertig, so blöde zu denken, wie es dann kommt, und der, wie wir ebenfalls wissen, niemals recht hat, weil er in den idiotischen Verwerfungen des Alten nie das Neue und seine Umwertungen zu entdecken versteht)? Oder werden wir gar Zeugen eines durch und durch tragischen Geschehens mit einem Übermaß an Moral und Metapher? Schweres Sterben eines Königshauses, bei dem die Verräter nur ein Schicksal erfüllen, das sie nicht einmal begreifen, geschweige denn beherrschen können?
Nein, wir können es nicht wissen, wobei zu den oben genannten Gründen im übrigen noch ein schlichter Mangel an Interesse treten mag, denn was darf uns in der Hartz-4-Episode des terroristischen Spätkapitalismus ein leicht schmieriger Konflikt im Hause Suhrkamp scheren! Kulturgeschichte, sagen Sie? Ach, wie hüten wir den Schatz der Regenbogen-Reihe in aller Heimlichkeit, und wie wird er uns, wie alles Heimliche, doch so unheimlich. Unheimlich peinlich, jedenfalls. Denn Suhrkamp klingt fast so schlimm wie Fleetwood Mac und sieht fast so schlimm aus wie bestickte Felljacken. Suhrkamp, Mesdames & Messieurs, ist unter anderem der Name für unsere Art von Kitsch. (Natürlich ein wenig mystisch: Des müßt’ isch emol wieder lesen, das Buch da im Billy-Regal.)
1. Phoebe Zeit-Geist kehrt zurück, oder: Vom Ende der kulturellen S-Klasse Man hat sich, tückischerweise, eine »Suhrkamp-Kultur« herbeigeschrieben. Diese Kultur bestand offenbar in diversen Verbindungen der auseinanderstrebenden Elemente immerhin partiell dissidenter Impulse der sechziger und siebziger Jahre: »Suhrkamp« beschreibt Linien zwischen einer Ästhetik des Widerstands und dem Bildungsbürgertum, zwischen der hedonistischen und der asketischen Linken, zwischen Wohngemeinschaft und Kleinbürgerschick, zwischen Universität und Straße, zwischen Marxismus und Strukturalismus, zwischen Elfenbeinturm und Demonstration, zwischen Sein und Haben. Alles konnte auch woanders stattfinden, aber nirgendwo als im Hause Suhrkamp konnte es
– und noch ein Widerspruch: zugleich als Ware und als Protest gegen sie – Bild einer Einheit werden. Also genau das, was in einem der seinerzeit meistverkauften »Bändchen« der »edition suhrkamp«, in Roland Barthes’ Mythen des Alltags als jene Sprache beschrieben wird, die sich nur als Vereinigung des Unvereinbaren lesen läßt, also als Mythos.
Die Diskurse
– oder eben die Mythen der Verbindung – entbehren mittlerweile jeder sozialen Praxis. Besitz und Gebrauch eines Suhrkamp-Buches (exkludiert allenfalls das im modernen Antiquariat erworbene Beutestück für trotzige Prekarianer), verbindet nicht mehr, sondern distinguiert. Es scheint, unabhängig möglicherweise vom zu lesenden Inhalt, Ausweis der Praxisverweigerung. Die Elemente, die durch den Bild- und Textmythos Suhrkamp einmal verbunden wurden, existieren entweder nicht mehr oder aber sie haben alles, nur keine Verbindung mehr im Sinn. Nicht einmal Erscheinung und Inhalt passen mehr zusammen, vom Mythos und der Praxis ganz abgesehen. Für das einzelne Buch freilich wiederum wird der Mythos Suhrkamp auch wieder zur Belastung; es wird automatisch »älter«. Und nun eine kleine Dosis negativer Dialektik: War »Suhrkamp« vielleicht schon immer Ausdruck einer besonderen Verwertung von Dissidenz im neuen Mittelstand? Nicht nur eine Verwandlung von abweichendem Denken ins kulturelle Meublement, sondern eben gerade die Aufhebung der Dissidenz in der narzißtischen Illusion der Kulturware. Ach was, es ging doch einfach nur um Bücher und darum, sie den richtigen Leuten zu verkaufen. Und wie es halt so geht, verwandelt sich das Image in ein Geisterbild, das man nicht mehr los wird.
Zu retten ist da jedenfalls ohnehin nicht viel. Das Haus Suhrkamp, seines Mythos oder, anders gesagt, seiner geistesgeschichtlichen Aufgabe verlustig, zerfällt in drei Aspekte. Erstens: Die Tradition wird zur Nostalgie; der Mythos wird gleichsam museal, er soll, statt angewendet, nur noch irgendwie gerettet werden. In der Legende, daß es vorgeblich immer noch geradeaus weitergehe von den Klassikern der Moderne zu den Heutigen in der Literatur. Zweitens: Suhrkamp ist ein Verlag wie jeder andere auch, einer, der von einem besonderen Umgang mit den Autoren lebt allerdings: Das gegenseitige Branding, das keinesfalls immer ökonomisch erfolgreich sein muß, wird in der Erzählung des Verlags zur »Treue«, und damit wird automatisch das Zu-Suhrkamp-Gehen oder Von-Suhrkamp-Weggehen zu einer Legende. Das Von-Suhrkamp-Weggehen von Martin Walser schien sogar noch richtig eine Bedeutung zu haben. Aber im großen und ganzen wird diese Erzählung von der Treue zwischen Verlag und Autor auf eine etwas unreflektierte Weise altmodisch. Natürlich gibt es auch, drittens, den Versuch, das Haus wieder in die Gesellschaft zu führen, den Mythos wiederzubeleben. In all der ironischen und skeptischen Distanz und Selbstdistanz, die mittlerweile zum guten Ton gehören. Aber wer will da wem was vormachen?
Möglicherweise also geht es nicht darum, daß eine Tragödie oder eine Farce den Untergang des Hauses Suhrkamp bewirkt, sondern eher umgekehrt darum, daß sich der Untergang des Hauses Suhrkamp ein Drama sucht. Das Drama handelt einerseits von vielleicht etwas bizarren Menschen: Ein Verleger, der sich in späten Jahren von der Ehefrau trennt, ihr und dem gemeinsamen Sohn die Erbschaft entzieht, eine 25 Jahre jüngere Schauspielerin und Autorin heiratet, die nach seinem Tod den Verlag führt, in einer verschachtelten, undurchschaubaren Organisation, die das Haus über den Tod seines Oberhauptes hinaus zusammenhalten sollten. Die Witwe, die sich auch neben dem Sohn Feinde zu machen weiß, die sich mit dem illustren Stiftungsrat überwarf. Immer mehr Menschen, auf der kaufmännischen, der verlegerischen und der literarischen Seite, die das Haus Suhrkamp verlassen, glückloses Regieren, schließlich der Angriff zweier
– oder auch dreier – Menschen, die sich durch seltsamste Transferarbeiten zwischen Kultur, Medien und Kapital hervorgetan haben und die so etwas wie eine feindliche Übernahme als Rettungsaktion tarnen wollen. Es fällt schwer, in dieser Seifenoper wenigstens Restsympathien zu verteilen. Es ist ein Stück, das keine Helden hat, weder Befreiung noch Opfer scheint sich anzukündigen. Und wird man am Ende erlöst sein, wenn sich die große Verschwörung als ganz gewöhnliche Trickserei entpuppt? Oder soll das Haus doch lieber richtig untergehen? Weil nämlich andrerseits das Drama nicht nur von seltsamen Menschen, sondern auch von seltsamen Verhältnissen handelt. Nennen wir dieses Drama ein Endspiel.
2. The Mirror Crack’d, oder: Einsturz und Umbau Es geht um eine globale Umgestaltung des Medienmarktes auch in seinen Nischenproduktionen. Der klassische Literaturmarkt beruht auf einem Agreement zwischen Autoren, Verlag und Lesern; »Verlegerpersönlichkeiten« spielten dabei eine nicht unwichtige Rolle, irgend etwas zwischen gutbürgerlichem Patriarchen und Mafiapaten, erweisen sich aber mehr und mehr als Profitbremsen, insofern sie sowohl die Explosionen als die Einbrüche von Marktwert mehr oder weniger gängiger Autorinnen und Autoren abfedern. Die Zukunft gehört nicht mehr den Verlagen, sondern einerseits den umfänglichen Medienkonzernen und andrerseits den Agenten. Zur Umwandlung des Literaturmarktes von einem der Autoren und Verleger zu einem anderen der Agenten und Konzerne müssen nach und nach alle traditionellen Verlage zerstört werden, damit man die Autoren »frei« handeln kann (und diejenigen, die sich nicht rechnen, natürlich, zwanglos entsorgen).
Man kann sich also vorstellen, daß
– wie Entmieter unterwegs sind, das Wohnungsangebot für die Besserverdiener zu restrukturieren und Nachbarschaften/Häuser von innen her zu zerstören – auch Verlagscracker unterwegs seien, die das klassische Unternehmen von gestern zerlegen in Autorenrechte, Konzernanbindungen und Markennamen (und das Haus selber bleibt dann ein Fall für den Immobilienmarkt). Der Autor muß dem Verleger entrissen werden, um vollständig marktreif zu werden. (Und die Autorinnen und Autoren des Suhrkamp-Verlages? Nennen wir ihre Statements zugunsten der Verlegerin freundlicherweise »halbherzig« oder eher kryptisch; denn tatsächlich wissen sie selbst nicht so genau, ob sie sich eher der Geborgenheit des Verlages oder dem Glamour des Marktes zuneigen sollen; mit der Königin in den Tod gehen wird freiwillig wohl niemand.) Tatsächlich handelt das Stück von einer Neudefinition von Kultur in der spätkapitalistischen Gesellschaft: Zum Mythos des alten Hauses Suhrkamp gehört es, daß sich da eine kulturelle Institution, ein Verlag als Beispiel, aus eigener Kraft ökonomisch erhalten und sich auch dem Wachstumsdiktat geneigt zeigen kann: Was der Geist braucht, erwirtschaftet er selbst. Eine solche kulturelle Binnenökonomie ist nicht mehr denkbar; das frische Geld will und braucht andere Vernetzungen, nämlich eine Kultur, in der der Geist von der Wirtschaft unterhalten wird, natürlich nicht ganz ohne Gegenleistung.
Um etwas zu lehren, kommt dieses Lehrstück allerdings um mindestens ein Jahrzehnt zu spät. An eine Inselökonomie des Geistes glaubt heute niemand mehr. Aber wer sollte wem mit was die Illusion davon finanzieren? Das Modernisierungsdrama, in dem es keine Helden geben kann, wird also mit »Klabautermännern« (Peter Sloterdijk) besetzt, also mit den Gespenstern des Schiffsuntergangs, die in all dem Chaos und dem Verlust offensichtlich immer wenigstens ihren Spaß haben. So vielleicht also ist das Stück zu retten, das so langweilig wie sonstwas wäre, wenn man die Rolle mit griesgrämigen Bankern oder Branchenmanagern besetzt hätte. Klabautermänner, neurotische Gespenster, Projektionen der Angstlust beim Untergehen geben der Sache einen hysterischen Drive, der erhalten bleibt, egal wie die Sache ausgeht. Der Zugriff des Kapitals auf das zerfallende Haus Suhrkamp definiert am Ende auch die Rollen Autor und Verleger neu: Wo die Klabautermänner auftauchen, können sich Autoren und Verleger gegenseitig nicht mehr vormachen, sich in einer ehrbar handwerklichen, von Leidenschaften und Vertrauen geprägten Binnenwirtschaft zu befinden.
Der Autor in dieser Phase des auch kulturellen Kapitalismus produziert keine Waren mehr; der Autor ist eine Ware. Um ihn fit für den Markt zu machen, muß man ihn dem Haus, das sich Verlag nannte, entfremden, und nur wer sich, mehr oder weniger lustvoll, als Ware begreift, kann in diesem Spiel gewinnen. Nicht nur die Verlegerin, als falsche Mutter im patriarchalen Haus, der Verleger als Funktion und als kultureller Archetyp muß ermordet werden. Nennen wir dies ein Modernisierungsterrorspiel.
3. Ödipus Klecks, oder: Die Verschwörung der Söhne Das freilich fällt schon auf: diese forcierte Sohn- oder gar Enkelhaftigkeit der Verschwörer. Männer, die nichts, zu wenig oder das Falsche geerbt haben und die sich nie vollständig fühlten. Männer, die beständig etwas in die Hände nehmen, aber nichts festhalten. Die allen etwas aufschwatzen, aber niemandem etwas sagen können. Sie suchen ihre Rache an den verschwundenen Vätern ausgerechnet in der Gestalt der falschen Mutter; sie wollen die Mutter töten, um sich mit dem Vater zu verbinden. Aber vielleicht wollen sie auch die Väter in der Mutter treffen, wer weiß: Die Verhältnisse in dieser universalen Familienangelegenheit sind ja noch komplizierter geworden, seitdem Thomas Pynchon seine Ödipa erfand.
Das erklärt, warum die unseligen Drei nicht etwa das tun, was nach unseren Kulturregeln die jüngeren Heimatlosen stets gern taten, wenn ihnen Ressourcen zuwuchsen, nämlich ganz einfach etwas Neues aufbauen, das gefälligst besser als das Alte zu sein hätte. Kultur handelt von den Leuten, die in die Wüste geschickt werden und dort prächtige Oasen finden. Aber offensichtlich geht es genau darum nicht, sondern vielmehr darum, ein Erbe anzutreten, dessen man sich gynokratisch beraubt fühlt. Die Energie, die eine fachgerechte Verschwörung benötigt, würde für eine Gründung durchaus ausreichen, ist aber gleichsam inversiv degeneriert; auch hier geht es darum, die Geschichte rückwärts zu schreiben.
Der Muttermord ist in der postpatriarchalen Gesellschaft vermutlich das kommende große Dramen-Ding. Längst begegnet man ihm auch in der Politik. Sind nicht die »Ministerpräsidenten« unseres vergnüglichen kleinen Landes solche Söhne, die auf die Gelegenheit warten, die Herrschaft des alten Mädchens, der falschen Mutter zu brechen? (Nicht, daß sie uns deswegen sympathisch werden müßte.) Die sexuell-familiäre Komponente der Verschwörung im Hause Suhrkamp jedenfalls ist unübersehbar. Die falsche Mutter als »überfordert« darzustellen und ihr die Vermischung von geschäftlichen und persönlichen Interessen zu unterstellen ist eine nur unvollständig verhüllte Neufassung des patriarchalen Angriffs auf den Widerspruch zwischen Macht und Frau: Das Weib ist für die Macht nicht geboren, das Weib kann die Macht nicht rein genießen, das Weib füllt den Thronsaal mit Küchenduft, das Weib hat sich Macht seit je und auf ewig »erschlichen«. Das Weib, kurz gesagt, muß weg. (Woraufhin es, gelegentlich, ein paar Köpfe rollen läßt. Das nutzt aber auch nicht viel.) Nennen wir dies Ödipussys Boulevard.
4. Die Vernichtung der Backlist, oder: Wie wir lernten zu vergessen Der Kapitalismus, gerade eben haben wir es wieder in der Zeitschrift KONKRET gelesen, hat keine Zukunft. Aber. Zum Beispiel kann man diesen Mangel ausgleichen, indem man die Gegenwart zur einzig gültigen Zeit erklärt. Wenn wir keine Zukunft haben, bitte sehr, dann verwandeln wir die Welt in eine ewige Gegenwart. Die Vergangenheit zu betrachten, was ohnehin eine anstrengende Angelegenheit ist, soll uns genausowenig mehr die gute Kauflaune verderben wie der leidige Blick in die Zukunft. Sie ist nicht anders vorzustellen denn als Weltuntergang, also gar nicht.
So geht es à la longue um die Löschung des Gedächtnisses. Die Ersetzung einer Kultur des Historischen (einer historischen Kultur) durch das globale, zeitlose Medium. Auch deswegen muß das neue, virtuelle Geld ein Unternehmen alter, mühsamer Mehrwerterwirtschaftung vernichten wollen, weil es ein Speichermedium ist, weil es Geschichte erzeugt und sogar, da sind wir wieder bei der Nostalgie, gerade von der Zukunft spricht, die der Kapitalismus nicht hat. Denn es geht nicht nur ums »delete« der Welt-, sondern auch seiner eigenen Geschichte: Das Verlagshaus als Idealfall eines »bürgerlichen Unternehmens« stört schon als Reliktmodell. Suhrkamp muß als Speichermedium des Geistes, aber auch als Speichermedium seiner selbst vernichtet werden. Das Komische daran besteht höchstens darin, daß die eifrigen Verschwörer die Bedeutung des ganzen Unternehmens für ihre realen oder imaginären Auftraggeber grotesk überschätzen.
Sich ein verschwörerisches Objekt zu einem solchen Vorgang vorzustellen, ist natürlich Unsinn. Aber gib einem Neurotiker einen Haufen Geld in die Hand, und er wird tun, was das Geld selber will, so zielstrebig, wie es weder ein reiner Spekulant noch ein reiner Ideologe vermag. Nennen wir das Stück also »Die betrügerischen Betrogenen«.
5. Die Stunde der Barbaren
Notwendigerweise schart sich der Rest der Intelligenz um die Werte der bürgerlichen Gesellschaft, die in der Blütezeit des Suhrkamp-Verlags ästhetisch und theoretisch zur Disposition gestellt waren. Um die Ideen von »ordentlichen Kaufleuten«, wie bei Peter Handke zu lesen (so als könnten wir noch einmal dorthin zurück, wo schon Hanno Buddenbrook scheitern mußte, vor 150 Jahren), vom richtigen und falschen Kaufen und Verkaufen: Ein Verlag, scheint es also, ist das Musterbeispiel eines bürgerlichen Unternehmens, in dem sich Geld und Geist eben deswegen vereinen lassen, weil sie sich so diszipliniert voneinander unterscheiden. Umgekehrt entzweien die Verschwörer Geld und Geist, indem sie sie heftig miteinander verknüpfen. Ziel der Verschwörung ist daher konsequenterweise ein heftiger Kurzschluß zwischen Geist und Geld. Sowas kann ganz schön weh tun. Vor allem, wenn das Zerstörungswerk als Slapstick-Variante einer selbsterfüllenden Prophetie daherkommt: Der Untergang des Hauses Suhrkamp findet sich im Metatext der »Suhrkamp-Kultur« beschrieben, der aber, siehe oben, nur selten als Text und vorwiegend als Mythos benutzt wurde.
Der ehrlichere Teil, bei aller Trickserei, ist immer auf der Schurkenseite. Der Untergang des Unternehmens Suhrkamp, der Untergang des Hauses Suhrkamp, der Untergang der Kultur Suhrkamp ist überfällig, denn Kulturgespenster, die sich unter falschen Namen in die Kleinbürgerpraxis eingeschlichen haben, zum Tanz der Traditionen, die längst verschwunden sind, gibt es schon genügend. Erst wenn es ihre Namen nicht mehr gibt, werdet Ihr merken, daß es ihre Kultur nicht mehr gibt. Nennen wir das Stück also »Durch die Wüste und so weiter«.
6.
Nun könnte man, was so notwendig getrennt ward, wieder neu zusammenführen. Wahrscheinlich ginge das nur als Kunst. Aber in welcher Kultur ließe sie sich erproben? Na eben in der, die zwischen der Ästhetik des Widerstands und dem Bildungsbürgertum, zwischen Elfenbeinturm und Demonstration, zwischen Kapital und Klabautermann, zwischen Speichermedium und Hipstertum, zwischen Pausenclowns und Philosophie vermittelt. Wieso lachen Sie jetzt?
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