14.02.2013 14:49
QUELLEN DES LEBENS
Regie: Oskar Roehler; mit Jürgen Vogel, Meret Becker; Deutschland 2013 (X-Verleih); ab 14. Februar im Kino
Vor zwölf Jahren zeigte Oskar Roehlers Film »Die Unberührbare« eine kettenrauchende Frau im Kleopatra-Look, die am Ende aus dem Fenster einer Psychiatrie sprang, weil sie keine Zigaretten mehr hatte. In »Quellen des Lebens« gibt es wieder so eine kettenrauchende Frau im Kleopatra-Look, sie ist erst ganz jung und quirlig, später vergilbt (vom Rauchen) und manisch. Es soll sich beide Male um die Schriftstellerin Gisela Elsner, Roehlers Mutter, handeln. Während der Sohn sie im ersten Film zwar abgehoben, aber noch vergleichsweise respektvoll zeichnet, gönnt er sich in »Quellen des Lebens« nun den eiskalten Blick, der freilich der kommunistischen Literatin nicht gerecht wird. Die Mutter erscheint als wortgewandt, aber egozentrisch, sie feiert Erfolge in der männerbesetzten Literaturwelt der Nachkriegszeit, verläßt dafür aber ihren kleinen Sohn, um den sie sich vorher auch nicht gekümmert hat. »Diese Brüste sind so wunderschön geformt, weil sie dich nicht gestillt haben«, erklärt ihm einmal der Vater, der im übrigen nicht viel besser ist. Der Sohn wird vernachlässigt oder gedemütigt. Roehler rächt sich mit dem Filmsatz: »Papa, fällt dir schon wieder nichts mehr ein?« Das Werk von Oskars Papa, dem Schriftsteller Klaus Roehler, ist überschaubar geblieben.
Er hatte einiges abzuarbeiten, meinte Roehler jr. bereits 2011, als sein Roman Herkunft erschien, der sich wie »Quellen des Lebens« um seine Eltern und Großeltern dreht. Damit das nicht als Nabelschau abgetan wird (die Figuren tragen andere Namen), gibt der Regisseur an, ein Stück Geschichte der Bundesrepublik zu beschreiben. Tatsächlich hat er nachvollziehbare Bilder für den Werdegang dreier Generationen gefunden – Film und Buch fangen 1949 mit dem Großvater als Kriegsheimkehrer an und enden mit dem halbwüchsigen Enkel Ende der Siebziger. Die Aufbruchstimmung in der Gartenzwergfabrik seines Nazi-Opas, die Postkartenidylle seiner stinkreichen anderen Großeltern, die in ihrem Standesdünkel ersticken, die Besäufnisse der sich selber beklatschenden Gruppe-47-Literaten gehören zu den interessanten und amüsanten Szenen des Films.
Im dritten Teil, der die Jugend des Enkels beschreibt, hat Roehler kein Maß für Zeit entwickelt. Männliche Pubertät wird ewig lang abgefeiert, der verklärte Blick auf Jugend(liebe) nervt, weil man das so oder ähnlich schon tausendmal gesehen oder gelesen hat. Sehenswert ist »Quellen des Lebens« aber allein schon wegen Meret Becker als Oma mit Schrumpelhaut.
– Ina Bösecke –
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