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Arbeit macht Freude

06.03.2013 11:36

Von der Dressierung des Humankapitals und seiner Betriebsamkeit in der schönen neuen Arbeitswelt erzählt die Dokumentation "Work Hard - Play Hard". Fritz Tietz hat den Film gesehen und in KONKRET 4/2012 die Welt der neuen Business Class unter die Lupe genommen.

Von wegen Feierabend. Der deutsche Busineßmensch schaltet nie ab – wie man zum Beispiel im ICE beobachten kann, in dem die an ihrem codierten Gehabe leicht zu identifizierenden Angehörigen des mittleren Managements besonders verbreitet anzutreffen sind. Statt einfach nur sinnlos aus dem Fenster zu glotzen wie unsereins, nutzen sie die Großraumbüros ... pardon, -abteile, um dort ihre Laptops zu behacken, ungeniert laut zu telefonieren oder sonstwie unangenehm umtriebig den Eindruck zu erwecken, eine wichtige Stütze der Gesellschaft zu sein. Wo aber ist diese Sorte – oder wie sie selbst sagen würde: diese Ressource Mensch eigentlich stationiert, wenn sie einen nicht in aller Öffentlichkeit mit ihrer schamlosen Betriebsamkeit belästigt?

Die Filmemacherin Carmen Losmann hat einige Langzeitleistungskursler in ihren prächtigen und gnadenlos atmosphärischen Firmenzentralen besucht und bei der Ausübung ihrer Arbeitsleben beobachtet. So entstand »Work Hard – Play Hard«, eine ebenso erhellende wie erschütternde Dokumentation über die Zumutungen des Angestelltentums. Auf jeden Off-Kommentar und fast jede musikalische Untermalung verzichtend, zeigt Losmann in teils quälender, teils belustigender Deutlichkeit und einer den Working Spaces angemessenen coolen Bildsprache, wie hierzulande ausgesuchtes Humankapital in Gestalt von durchweg glatten, adretten Menschen durch den ausgeklügelten Motivationsterror smarter Consultants zu ständiger Maximalleistung nebst »Selbstoptimierung « der »Performance« gedengelt wird. Den damit verbundenen »kulturellen Wandel« gelte es »möglichst nachhaltig in die DNA eines jeden Mitarbeiters zu pflanzen «, wie es eine besonders schnittige Vorgesetzte ausdrückt. Ein williger Jungmanager antwortet mit perfekt antrainiertem Win-Win-Lächeln, als er in der inquisitionsartigen Mühle eines mehrstündigen Assessments danach gefragt wird, was denn die Arbeit für sein Unternehmen für ihn bedeute: »Die Arbeit macht mir Freude.«

Doch nicht jeder, der in dem Hardworker- Milieu aus zwangslockerer Meetingpointkultur und nordkoreaartiger Teameinschwörung anschaffen geht, wirkt wirklich überzeugt. Erst recht nicht, wenn er zu einer Optimierungsmaßnahme in die Vorhölle eines Adventurecamps mit Hochseilkletterbäumen und Grenzerfahrungsräumen einfahren muß. Zur Festigung des Teamspirits sieht man eine Rotte Nachwuchskräfte mit verbundenen Augen durch ein unterirdisches Röhrensystem robben. Ein Coach überwacht sie dabei auf etlichen Kontrollmonitoren, was stark an Versuchsanordnungen mit Labortieren erinnert. Nicht von ungefähr kommt einem der Begriff Rattenrennen in den Sinn. Wie eine im Laufrad sich abarbeitende Ratte geht Deutschlands Wirtschaftselite einer immergleichen sinnlosen und selbstzerstörerischen Betätigung nach.

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