02.07.2013 12:10
PAPADOPOULOS & SÖHNE
Regie: Marcus Markou; mit Stephen Dillane, Cosima Shaw; England 2012 (Neue Visionen); 109 Minuten; seit 27. Juni im Kino
Ein postkapitalistisches Märchen, eine fette Krisenkomödie und obendrein etwas fürs Gemüt. Wer aus dem Kino kommt, der weiß nicht, behaupte ich mal, warum er feuchte Augen hat. Vom Lachen? Weil’s so schön war? Weil mitten in der fiesen Bankenstadt London der Sirtaki in der halbleeren Ladenzeile Einzug hält? Weil genau das, aber nicht die argumentierende Kapitalismuskritik einen in Wallung bringt. Okay, mir ging’s so. Und um nicht weiter zu schwärmen, gehe ich jetzt auf Reset.
Papadopoulos sen. ist längst nicht mehr griechischer Kellner, sondern Millionär im zweistelligen Bereich. Gerade haben ihm die Banken das Papadopoulos Plaza finanziert, und der Premierminister ehrt ihn als »Europäischen Unternehmer des Jahres«. Dann aber die Krise: Kredite weg. Insolvenz. Papadopoulos rauft sich mit seinem Bruder zusammen. Beide bringen in einer Schattenseite von London den brachliegenden Fish & Chips-Laden in Gang. Ein paar Wirren unter Brüdern, mit den Döner-Nachbarn, mit den gerade erwachsenen Kindern (Tochter geht mit sexy Jungtürkem?? Sohn denkt nicht ökonomisch, sondern ökologisch und füllt Dach und Haus mit liebevoll gepflegten Pflanzen, und dabei bleibt’s) – und im Finale verbindet auf Londons Straßen der Sirtaki alle und jeden. Reih dich ein zu Fun & Family! Daddy bleibt doch der Größte: »Mach, was du willst, denn wir sind stolz auf dich!«
Ja, ich weiß, der Plot klingt naiv. Aber das ließe sich von Märchen auch sagen. Besser wäre, von einem bollywoodhaften Finale zu sprechen. Finale mit Hintergrund: Wie von ungefähr wird vom Clanchef Papadopoulos als King Lear gesprochen, und der endete auch als Clochard. Der Filmheld (Stephen Dillane fing seine Filmvita 1990 als Horatio in Franco Zeffirellis Hamlet an) findet sich dagegen in der tanzenden Gemeinschaft auf der Straße wieder, unter Kindern und vielen vertrauten Gestalten, wiederzuerkennen aus den TV-Formaten. Zu begrüßen ist auch Ökosohn James (Frank Dillane), der als Tom Riddle in »Harry Potter« die Herzen höher schlagen ließ.
Schön, jeder der Schauspieler hat schon mal dies und jenes gemacht. Deswegen müßte der Film ja noch nicht funktionieren. Tut er aber. Die Figuren wirken authentisch. Und siehe da, Markus Markou, griechisch-zypriotischer Abstammung, erzählt mit diesem Film, wie er sagt, auch seine Geschichte. Seine Vorliebe fürs Improvisionstheater bringt uns näher an den Film heran. Nix Leistungsgesellschaft, aber alle Menschen werden Brüder, oder so.
– Dietrich Kuhlbrodt –
Ins Archiv der konkret-News geht es hier entlang.