Alle wollen die NPD verbieten. Alle, bis auf das übliche, zur Simulation demokratischer Öffentlichkeit eingeteilte Talkshowpersonal – und den Polizeiminister. Dieser Friedrich tut so, als fürchte er, das Verfassungsgericht, das beim ersten Versuch vor zehn Jahren an den vielen Vertrauensmännern des Staates in der Führung der Nazi- Partei pflichtgemäßen Anstoß genommen hatte, könnte noch einmal Nein sagen. Der Geschäftsführer der SPD-Fraktion forderte den CSU-Mann deshalb auf, »endlich klar Stellung zu nehmen«: »Wenn er gegen den Antrag ist, dann soll er das doch wenigstens offen zugeben.« Renate Künast von den Grünen nörgelte: »Es wäre Aufgabe eines Bundesinnenministers, für die Prüfung eines NPD-Verbotsverfahrens mit klarer Haltung voranzugehen.« Was aber habe Friedrich getan? Er sei als »oberster Bedenkenträger« aufgetreten. Was sagt man!
Es kömmt aber darauf an, was man nicht sagt. Sei es, daß der Kopf durch den politischen Betrieb schon zu sehr geschädigt ist, auch nur einfachste Gedanken zu fassen (Marxens Diagnose: »parlamentarischer Kretinismus«), sei es, daß deren Formulierung den Weg in eine schwarzgrüne Regierung verbauen könnte – in jedem Fall hatte Minister Friedrich Grund, am Erfolg des Verbotsantrags zu zweifeln, weil er im Programm der NPD und in den Äußerungen ihrer führenden Leute so gut wie nichts fand, was nicht auch von ihm und seinen Parteifreunden gesagt und geschrieben hätte sein können: über Schmarotzer am deutschen Steuerzahler, über die Überfremdung, über die deutsche Frau und Mutter, die Schwulen, die faulen Griechen, die verräterischen Deserteure der Wehrmacht oder die Juden, die sich immer dann melden, wenn in deutschen Kassen Geld klingelt.
Die beträchtliche Übereinstimmung christsozialer und nationaldemokratischer Ansichten über Gott und die Teufel der Welt ist nicht zufällig. Wer darauf besteht, daß es rechts der Union nichts zu wählen gibt (Franz Josef Strauß: »Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben«), muß personell und programmatisch für die vielen alten und jungen Nazis attraktiv sein. Zu ihrem Glück verlangt das der CSU keine besondere Mühe ab. Ihre Redner brauchen sich nur der Stimmung hinzugeben, die nach der dritten Maß die Bierzelte zwischen Passau und Würzburg füllt.