Der Minister und das Mädchen
Hermann L. Gremliza macht mit dem Prozeß kurzen Prozeß
Solid Intelligence
Kleine Geschichte der Kriegsvorwände. Von Michael Schilling
»Verantwortungsloses Bescheuertsein«
Ein Bericht zum Stand der NSU-Mordermittlungen. Von Florian Sendtner
Gründlich unzivilisiert
Peer Heinelt über den deutschen Waffenmarkt
Polizeistaat reloaded
Deutsche Geheimdienste leisten Aufbauhilfe in Nordafrika. Von Matthias Monroy
»Wir sollten es noch mal anders versuchen«
Gremlizas Gespräche (XIII): mit dem Arzt, Historiker und Postoperaisten Karl Heinz Roth. Zweiter und letzter Teil
Attentat in Bellevue
Wenn bei Joachim Gauck der Postmann klingelt. Von Hermann L. Gremliza
Das kleine Idiotikon IV
Augenhöhe. Zusammengestellt von Michael Schilling
Haste mal ‘ne Mark?
Worin unterscheidet sich die Euro-Kritik der Linkspartei und der AfD? Von Georg Fülberth
Deutsche Mengenlehre
Wie Statistiken und Rankings die Ressentiments der hiesigen Staatsbürger bestätigen. Von Ralf Schröder
Elitenförderung
Jörg Kronauer über die Verteidigung deutscher Absatz- und Rohstoffmärkte in Lateinamerika
Drugs on war
Thorsten Mense über den Zusammenhang von Drogenverbot und Drogenkrieg
Schwul ist da, wo keine Heimat ist
Dritter und letzter Teil eines Beitrags zum grassierenden Haß auf Homosexuelle. Von Tjark Kunstreich
Zwischen Turul-Kult und Mercedes-Stern
Erwin Riess über Ungarns Weg in eine völkische Moderne
Staatsziel: Massenmord
Erich Später über eine Studie zu den Verbrechen der kroatischen Ustascha
Free Uli!
Martin Krauß über den Fall des deutschen Helden Uli Hoeneß
Zur Nachahmung nicht empfohlen
Ein Auszug aus Tina Klopps Kunstideensammlung
»Ich bin eine Mikrobe«
Radek Krolczyk über den ungewöhnlichen Blick des Künstlers Wols auf die Welt
Von der Freiheit des Gefangenen
Georg Seeßlen über das Guantánamo-Feelgood-Movie »5 Jahre Leben«
Der unglücklichste Junge der Welt
Mit Jimmy Corrigan hat der US-Zeichner Chris Ware Comicgeschichte geschrieben. Von Sven Jachmann
Integrationsstadl
Ralf Fischer über ein gelungenes Beispiel für Integration: den Berliner Rapper Bushido
»Im Handgemenge mit der Wirklichkeit bleiben«
Zur Aktualität der kritischen Sozialpsychologie Peter Brückners. Von Roger Behrens
Der blaue Himmel von Auschwitz
Otto Dov Kulka hat ein Buch über seine Kindheitserlebnisse in Auschwitz geschrieben. Von Sabine Lueken
Porträt des Übersetzers als junger Autor
Ein Nachlaßband erinnert an das Avantgarde-Werk Carl Weissners. Von Frank Schäfer
Die Quelle des Gequollenen
Magnus Klaue über Botho Strauß, die Utta Danella der kulturellen Oberschicht
So schnell ändern sich die Zeiten: Es ist noch nicht lange her, daß man sich lieber bei der Lektüre schauderhaftester Zeitungen hätte erwischen lassen als beim damals so genannten Egosurfing. Das seltsame Wort bedeutete nämlich, daß man in eine der en voguen Suchmaschinen (die auf Namen wie Yahoo!, Webcrawler, Alta Vista, Lycos hörten) den eigenen Namen eingab, um herauszufinden, was in diesem neuen Dingens namens Internet über einen so gesagt wurde. Egosurfing war eine ganz dumme Idee, denn natürlich interessierte es nur vollkommen uncoole Leute, was irgendwer vollkommen Unerhebliches über sie dachte. Und so hätte die Sache ewig weitergehen können: Irgendwer schreibt irgendwas, niemand beachtet es, und alles wäre in Ordnung.
Dann aber hieß es irgendwann, es gebe da eine ganz unerhört feine neue Suchmaschine, ohne Blinkequatsch und nervige Personalisierungsmöglichkeiten. Die würde einfach nur das tun, was man ihr aufträgt, nämlich Gesuchtes finden. Kurze Zeit später führte die neue Search-Engine zu einem schicken Begriff für die nun schon traditionell verachtete Verhaltensweise: Ego-Googeln.
Viele Millionen neue User später war aus dem, was man keinesfalls tut, eine von selbsternannten Spezialisten vehement empfohlene Verhaltensweise geworden: Wenn schon nicht täglich, dann doch wenigstens wöchentlich solle man den eigenen Namen in die einzig nennenswert verbliebene Suchmaschine eingeben, um Rufmord, Mobbing, diversen Verbrechen zu begegnen. Das lag nicht nur an Google, sondern auch daran, daß Unternehmen auf die Idee kamen, eigene Search-Engines aufzulegen, mit deren Hilfe Telefonnummern, Adressen, diverser langweiliger Krams sowie etwaige personenbezogene Internetgerüchte gebündelt auffindbar sein konnten.
Ob das erste, was Bettina Wulff im Internet tat, war, sich selbst zu googeln, ist unbekannt. Aufwendig war es für sie jedoch sicher nicht, eine von einem erkennbaren Idioten erstellte Seite zu finden, auf der sie mit dem verkniffenen Wort »Rotlicht « in Verbindung gebracht wurde. Daß nunmehr jeder, der die schöne Kunst des Ignorierens nicht beherrscht, von Google verlangen darf, daß das, wonach viele User suchen, nicht mehr automatisch vorgeschlagen wird, ist jedoch ein echter Rückschritt.
Nazis, die nicht Nazis genannt werden wollen, Betrüger, die wollen, daß potentielle Opfer weiterhin auf sie hereinfallen (undsoweiterundsofort), sie alle werden in nächster Zeit flammende Beschwerden an Google richten und verlangen, daß das, wonach alle suchen, nicht mehr automatisch gesucht werden kann. Und das alles nur, weil Amateure die Sache mit dem Unsinn- ignorieren nicht auf die Reihe bekamen, sondern unbedingt Egosurfing betreiben mußten.
– Elke Wittich –