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Die Twilight-Saga brachte ihrer Autorin Stephenie Meyer ein Vermögen von gut 125 Millionen Dollar ein, dem Hauptdarsteller der Verfilmung lebenslangen zweifelhaften Ruhm und zahlreichen Haushalten Nervenzusammenbrüche. Nicht verwunderlich also, daß unzählige Autorinnen auf den Erfolgszug »Mädchen verliebt sich in sexy Fabelwesen« aufgesprungen sind und die Buchläden bald überquollen mit Twilight-Rip-offs, die Vampire wahlweise durch gefallene Engel, Feen, Werwölfe oder Dämonen ersetzen. Nichtmenschlicher, geheimnisumwitterter Teenieschwarm plus eine der Leserin als Projektionsfläche dienende und demzufolge komplett charakterlose Hauptfigur war ein unfehlbares Erfolgsrezept der Jugendliteratur in den letzten Jahren.

Doch inzwischen gibt es, drei Videobloggerinnen sei Dank,  auch paranormale Jugendliteratur, in der niemand geringerer als die Alte Gottheit Cthulhu in Gestalt eines grünäugigen Schönlings das Herz der die junge Frau von nebenan verkörpernden Andromeda Slate erobert.

Anfang des Jahres entwickelten die Macherinnen des Blogs »Chez Apocalypse«, Lindsay Ellis, Antonella Inserra und Elisa Hansen den Plan, den (durch Crowdfunding finanzierten) »schlechtesten paranormalen Jugendroman unserer Zeit« zu verfassen. Das unter dem Pseudonym Serra Elinsen (die erfundene Biographie erinnert frappierend an Stephenie Meyers) veröffentlichte Buch erschien 2013 unter dem Titel Awoken und erreichte Platz 7 auf der Amazon-Bestenliste für Jugendliteratur.

In den 18 Folgen der Produktionsdokumentation, die auf chezapocalypse.com oder unter blip.tv eingesehen werden können, trinken sich Ellis, Inserra und Hansen durch eine illustre Palette an Alkoholika und diskutieren und entlarven die sexistischen Funktionsmechanismen von Twilight und Konsorten. So ist eine Folge dem allzu blumigen Schreibstil gewidmet, eine andere dem mysteriösen, der Protagonistin wie magisch zugetanen Liebesobjekt, eine dritte analysiert die Funktion des antiaufklärerisch verklärten Übernatürlichen. Es gibt auch einen Abstecher zu 50 Shades of Grey, der (einst als Twilight-Fanfiction verfaßten) Beleidigung der BDSM-Szene – schließlich setzt die Autorin E. L. James ebenfalls auf die Jungfräulichkeit der Protagonistin und romantisiertes Stalkertum als Handlungsbestandteile.

Die drei Macherinnen erläutern die Funktionsmechanismen im Gespräch auf unkomplizierte, heitere Weise und entlarven so unverkrampft den Sexismus der Buchvorlagen. Sie sprechen weder im exaltierten Tonfall postmoderner Filmwissenschaftler noch reagieren sie wütend und moralinsauer wie manche Feministinnen. »Der Antagonist muß eine Frau sein«, witzeln sie einmal. »Ja. Weil Frauen andere Frauen hassen.«

– Veronika Kracher –

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