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Verstrahlt

Svenna Triebler wirft einen Blick auf die Argumente, mit denen eine Bürgerinitiative W-Lan an Schulen verhindern will

»Wir wollen lernen« heißt die Initiative des parteilosen Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Walter Scheuerl; bekannt wurde diese 2010 mit einem Volksentscheid, mit dem sie verhinderte, dass die Blagen der Eliten sechs statt vier Jahre lang gemeinsam mit dem Nachwuchs des Pöbels die Grundschule besuchen müssen.

Nun hat Scheuerl wieder Schlagzeilen gemacht, allerdings als Lachnummer: Ende November berichtete das »Flensburger Tageblatt«, seine Initiative habe die geplante Einführung von funkbasiertem Internet (W-Lan) an sechs Hamburger Schulen gestoppt, und zwar aus gesundheitlichen Bedenken, die besorgte Eltern geäußert hätten. Die Schulbehörde dementierte allerdings umgehend: Das W-Lan- Projekt werde wie geplant nach den Sommerferien umgesetzt.

Die Kleine Anfrage Scheuerls an den Senat, auf der die Meldung basierte, existiert jedoch tatsächlich: »Physikalisch betrachtet kann man einen W-Lan-Router mit einem offenen Mikrowellenherd vergleichen, der eine lediglich um 0,005 GHz niedrigere Mikrowellenfrequenz ausstrahlt«, heißt es dort unter anderem in dramatischem Schwarz-auf-Gelb. Womit Scheuerl demonstriert, dass er sich selbst besser mal ein Vorbild am Namen seiner Initiative nehmen sollte. In Physik kann er jedenfalls nicht allzugut aufgepasst haben, und als Angehöriger der internetfernen Schichten verpasst er auch die Nachhilfestunde, die der Physiker Joachim Schulz in seinem Blog »Quantenwelt« gibt: Dort wird erklärt, dass Frequenz und Stärke der Strahlung völlig unterschiedliche Dinge sind. »Während ein Mikrowellenherd einige hundert Watt benötigt, um die Speisen zu erwärmen, ist die Leistung von W-Lan-Geräten auf ein Zehntelwatt an der Antenne begrenzt.«

Aber während sich die Netzwelt über Scheuerls Technikkompetenz amüsierte, dürfte er durchaus Anklang bei Eltern derjenigen Sorte finden, die sich auch darüber beschweren, dass in Bioläden Handys benutzt werden dürfen – trotz der Todesstrahlen, die von diesen bekanntlich ausgehen. Darin könnte eine Chance liegen: Während die Kinder der Normalsterblichen künftig aus Informationsquellen wie der »kommerziellen« (Zitat Scheuerl) Wikipedia lernen, wird an den Schulen der Elbvororte weiter mit »Hilfsmitteln wie Büchern und Schulbibliotheken« gearbeitet (vielleicht auch mit Schiefertafel, Tintenfass und Rohrstock?). Und das wäre doch ein erster Schritt, um das soziale Gefälle im Bildungsbereich auszugleichen. 

Svenna Triebler

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