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Mackerkram

»Es mag zwar nur ein kleiner Beutel sein, aber ohne ihn fühlen wir uns in der Öffentlichkeit schutzlos.« Hoppla, was für eine tabulose Jubelrede auf die Zierde der Männlichkeit in einer neuen Mackerzeitschrift! Doch Moment, das Zitat stammt gar nicht von dem Volksmusikanten Andreas Gabalier, der über seinen in teures Wildleder gebetteten Hodensack spricht. Sondern von Sarah Jessica Parker als Carrie Bradshaw aus der Serie »Sex and the City«, die damit wohl eine ihrer tausend Handtaschen meint. Und die Zeitschrift, die in einem Reutlinger Verlag mit dem geschmackvollen Namen Red Indians Publishing erscheint, ist nicht etwa »Ramp«, das »Auto. Kultur. Magazin« für echte Männer (das gibt es dort auch), sondern ein fast ziegelsteindickes Ding über »Die wunderbare Welt der starken Frauen« mit dem phantasievollen Titel »Weiberkram« (unter dem sich im Netz bis jetzt nur eine Escortagentur finden lässt).

Das revolutionäre Konzept für einen von Frauenzeitschriften gesättigten Markt: »Neu! Von Männern für Frauen!«. Heißt im Klartext: Die ohne erkennbare Struktur aneinandergereihten Texte, Rubriken und Celebrity- Zitate mit winziger Schrift und katalogartigem Fotolayout, die eher an Gratisservicemagazine in Flughafenlounges denn an ein Glamourblatt denken lassen, haben sich Männer für Frauen ausgedacht, »die wir auf unsere Art lieben, begehren, verehren und schätzen (aber glücklicherweise nicht wirklich immer verstehen)«. Diese sollten »Weiberkram« »einfach mal als kleines Geschenk « sehen. Für acht Euro?

Als müssten sich Frauen nicht schon tagtäglich von Männern taxieren, beurteilen, kategorisieren und belächeln lassen, wird ihnen hier noch das letzte Refugium demoliert. Denn auch wenn in den bunten Frauenmagazinen der Zwang zu Selbstoptimierung, Konsum und heteronormativer Pärchenromantik regiert, können sich mitunter gar Nischen für ein ideelles Unter-sich-Sein auftun. Damit ist es, wenn es nach »Weiberkram« geht, erst mal vorbei. Denn egal, ob es in einer Fotostrecke um »Helden« geht, denen Frauen von schräg unten beeindruckt auf den Schritt schauen, oder um »Frauen, die uns Männern nicht mehr aus dem Kopf gehen«, wie Jane Birkin (»schmalbrüstig und höllisch sexy«), die »wir« uns so gerne nackt angesehen haben – aus jeder Seite brüllt den Leserinnen der Affe männliche Projektionsfläche entgegen, den die meisten wohl zumindest für die kurze Dauer einer Zeitschriftenlektüre gerne verscheuchen würden. Aber vielleicht ist »Weiberkram« sowieso eigentlich für Männer gemacht, die sich gerne ein paar Freisteller zu Kosmetika und Handtaschen angukken und dazu die Ausrede der »flotten Bienen« brauchen.

Sonja Eismann

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