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von konkret

Gibt es Langweiligeres als den »Abhörskandal «, mit dem die Medien die Löcher aller vier Jahreszeiten stopfen? Gibt es Anstrengenderes, als sich immer wieder dumm genug zu stellen, um nicht zu wissen, dass die geheimen Dienste kriminelle Organisationen sind und es das geringste Übel ist, dass von ihnen alles abgehört wird, von allen, überall? Die Redaktion wollte deshalb den Leserinnen und Lesern von konkret Berichte über Landesverrat, die Entlassung des Generals der Bundesanwaltschaft und den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsbruch gänzlich ersparen. Hätte nicht die »Süddeutsche Zeitung« sie mit der Nase in ein längst vertrocknetes Häufchen gestoßen:

Selbst altgediente Juristen bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe müssen lange nachdenken, wann der Begriff des Staatsgeheimnisses zuletzt bemüht wurde. Solche Ermittlungen wirken fast wie aus einer anderen Zeit. In Erinnerung geblieben sind die »Spiegel«-Affäre und die Affäre rund um das Blatt konkret und den Fall des früheren obersten bayerischen Staatsschützers Hans Langemann. 53 Jahre nach der »Spiegel«-Affäre, 33 Jahre nach den Ermittlungen gegen konkret gibt es also ein neues Verfahren.

Auch die Berliner »Tageszeitung« hat was gerochen:

Nicht nur der »Spiegel« und »Netzpolitik « mussten Ermittlungen wegen Landesverrats ertragen. Gegen Journalisten von konkret wurde 1982 wegen ganz ähnlicher Delikte ermittelt … Dr. Hans Langemann arbeitete von 1957 bis 1970 als Agentenführer für den Bundesnachrichtendienst (BND) … Im März 1982 brachte konkret den Report »Operation Eva – ein BND-Agent enthüllt Geheimdienstskandale « … Im Januar 83 führte die Bundesanwaltschaft bei Bissinger, Staupe und bei konkret dann doch Durchsuchungen durch … Bei der Durchsuchung nahmen die Fahnder auch »Zufallsfunde« mit, etwa ein Nato-Papier über Gegenmaßnahmen bei einem sowjetischen Atomschlag … Im September 82 stellte die Bundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen Staupe und Bissinger ein. Viel Solidarität hatte konkret zwischenzeitlich nicht erhalten.

Staupe hieß übrigens und heißt noch Jürgen Saupe; auch ist das Ermittlungsverfahren gegen konkret erst im September 1983 eingestellt worden. Wahr ist, dass die Durchsuchung des konkret-Verlags die Damen und Herren der Bürgermedien damals so wenig interessiert hat, wie konkret die derzeitigen Verratsfälle interessieren. Beide haben recht daran getan oder tun es noch: gestern die, heute wir.

 

Georg Mascolo, Prophet der Sekte »Die Investigativen der letzten Tage«, erinnerte in einem Interview mit NDR-Info an den Fall Langemann und sprach von »der ehemaligen Zeitschrift konkret«. Recherchen der Redaktion haben das Geheimnis gelüftet: Der Vater seines Gedankens ist der Wunsch.

 

»Wir werden nicht die überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung durch die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien bezahlen lassen.« Es ist dieser Satz, mit dem Sigmar Gabriel, nachdem er die SPD unter 20 Prozent gedrückt hat, in die deutschnationale Sozigeschichte eingehen wird. Sogar dieser von jedem Geist verlassene Genosse wird gewusst haben, was ihm Gremliza in seiner Kolumne in konkret 8/15 entgegengehalten hat: dass sich »die Deutschen an der Krise um Griechenland dumm und dusslig verdient« haben. Drei Wochen später hat ein Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (IFW) aus Halle in einer Studie die Summe nachgetragen: Am deutschen Krisenmanagement habe die BRD zwischen 2010 und heute 100 Milliarden Euro verdient. Der deutsche Anteil an den »Rettungspaketen für Griechenland« mache 90 Milliarden Euro. Das IFW: »Selbst wenn Griechenland keinen Cent zurückbezahlt, hätte die deutsche öffentliche Hand also finanziell von der Krise profitiert.« (Warnung: Sich dazu die wie beim Streik der Lokführer entgleisten Gesichtszüge der Damen und Herren Merkel, Schäuble, Miosga, Jauch, Bosbach, Plasberg und so weiter in Erinnerung zu rufen, wenn von den undankbaren Griechen die Rede war, schadet Ihrer Gesundheit.)

 

Bei dieser günstigen Gelegenheit darf am Ende von Barack Obamas Amtszeit an jenen Beginn erinnert werden, zu dem die Medien den »historischen Neubeginn« feierten und die norwegisch-sozialdemokratisch-antikommunistische Jury ihren Friedensnobelpreis ein weiteres Mal blamierte. Damals war in konkret 6/09 zu lesen: »Der Präsident der USA ist der Präsident der USA ist der Präsident der USA. Irgendwann ist er auch noch Republikaner oder Demokrat, und irgendwie muss er auch heißen: Reagan, Clinton, Bush, Obama.« Ein kleiner Unterschied ist nachzutragen: Manche von ihnen haben weniger Kriege geführt, doch keiner hat so gut ausgesehen und »Amazing Grace« so schön gesungen wie der letzte. O yes, he could.

 

Unter der Überschrift »Antiqueere Aufklärung « bespricht Jan Feddersen in der »Taz« Tjark Kunstreichs Buch Dialektik der Abweichung. Über das Unbehagen in der homosexuellen Emanzipation (konkret texte 67):

Das Buch atmet aus der wütenden Tradition von Autoren wie Kurt Hiller, es ist ein verblüffend rücksichtsloses Analysieren: Das beste Buch der Saison zur Kritik der Queererei.

Kunstreichs Buch kann über den Verlag oder im Buchhandel erworben werden (135 Seiten, 15 Euro).

Außerdem erinnert Feddersen in der Kritik eines der der »Gesamt-Schnacksel- Thematik« gewidmeten Sexhefte von »Geo« und dessen Beitrag zu den »Wurzeln der Homosexualität «, »in dem sich kaum Spuren von echtem zeitgenössischen Wissen finden«, an »die sexualität konkret-Hefte der frühen Achtziger«, die da »weiter waren«. »So wie bei ›Geo‹ jedenfalls wird das nix mit dem Kampf gegen die eigene Auflagenkrise: Dünnsinn der reaktionärsten Sorte« (»Taz«).

 

Termine: Am ersten September-Wochenende (4.-6.9.) machen sich die Radler und Radlerinnen der diesjährigen Horst-Tomayer-Gedenkfahrt per Velo auf den Weg von Hamburg nach Berlin. Kurzentschlossene, die an der legendären Berlin-Wallfahrt teilnehmen möchten, wenden sich rasch an redaktion@konkret-magazin.de. Erich Später liest am 22. September um 19 Uhr in Ulm, Club Orange, Kornhausplatz 5, aus seinem neuen Buch Der dritte Weltkrieg. Die Ostfront 1941–45. Am 27. September um 18 Uhr wird im Dortmunder Schauspielhaus, Theaterkarree 1–3, Wenzel Storchs Theaterstück »Komm in meinen Wigwam. Eine Pilgerreise in die wunderbare Welt der katholischen Aufklärungs- und Anstandsliteratur« gespielt.

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