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Hammer und Pixel

Peter Kusenberg über die Künstlergruppe Telekommunisten

Ein Röhrenbildschirm gepaart mit Hammer und Sichel bildet das Symbol der multinationalen Künstlergruppe Telekommunisten. Zum harten Kern der Gruppe gehören Baruch Gottlieb und Dmytri Kleiner, zwei Exilkanadier in Berlin, die Diskussionsrunden veranstalten, in denen Gastgeber und Gäste zeitgemäße Ansätze für den Marxismus suchen. Insbesondere die Analyse der digitalen Sphäre und ihre Nutzbarmachung für linke Politik stehen im Fokus der telekommunistischen Software-Entwickler, die sich überlegen, mit welchen Mitteln Lenin die Produktionsverhältnisse der Facebook-Welt analysiert hätte und welche Schlüsse er für die Revolution daraus gezogen hätte.

So erklärt Kleiner den Begriff des »Copyleft« und verdeutlicht, dass sich Urheberrechte nicht in Open-Source-Rechte verwandeln lassen, wie es die naive Piratenpartei propagiert. Wissen werde im Rahmen kapitalistischer Produktionsweise als Konsumgut gehandelt; Software gehöre zur Produktionsgütersphäre. Mithin ist es für die Kapitalisten nicht nötig, mit Software einen Profit zu erzeugen. Kleiner weist in diesem Zusammenhang auf die keynesianische Selbsttäuschung hin, die den aktuellen Zustand der kapitalistischen Gesellschaft als Fehlleitung kennzeichnet: Das »gute Urheberrecht« wäre pervertiert worden. Indes »musste der Künstler erst zum Individuum werden, um geistige Inhalte, die in der vorindustriellen Zeit als kulturelles Kontinuum das gesellschaftliche Bewusstsein bestimmten, zu marktkonformen Waren zu machen«.

Die Analyse ist nur der Anfang. Die Telekommunisten ersinnen Konzepte wie den Venture-Kommunismus. In diesem Fall erwerben Arbeiter/innen Anteile an antikapitalistischer Technik und verkaufen ihre Produkte statt der Arbeitskraft, um anfallende Gewinne in die Kasse der Venture-Gemeinschaft zu leiten. Peer-to-Peer-Netze spielen eine entscheidende Rolle, was zwar dem Bäckereifachverkäufer kaum helfen dürfte, doch immerhin der bedrückenden Dominanz turbokapitalistischer Technikfirmen à la Google und Uber ein Alternativprogramm entgegensetzt.

Klar, das Manifest (telekommunisten.net) ist widersprüchlich, aber in diesen Zeiten ist, um Thomas Ebermann zu paraphrasieren, jede kluge Abschweifung von der keynesianischen Phantasielosigkeit ein Gewinn.          

Peter Kusenberg


 

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