Hermann L. Gremliza über Axel Springers Erbe
Sie haben uns reingelegt. Jahrelang sind wir mit »Enteignet Springer«-Buttons herumgelaufen, haben uns von sog. Arbeitgebern maßregeln und rausschmeißen lassen, uns bei den Nazis vom Verfassungsschutz selber denunziert, Wallraff-Bücher geschrieben und gekauft, Resolutionen verfasst, den Dreck dieser Presse dokumentiert – und nie war die Auflage von »Bild« höher als zu Wallraffs Glanzzeiten (knapp fünf Millionen täglich).
Der Erlöser sollte aus einer ganz anderen Glaubensrichtung kommen: als Schwiegersohn eines Vorstands der Deutschen Bank (zu einer Zeit, als das noch was war), ein zwei Meter langer Schöngeist, der sogar selbständig Musikkritiken schreiben konnte, ein Tröster der lustlosen Witwe Friede Springer, des Kindermädchens, dem der senile Axel Springer (»Ich bin näher zu Gott gekommen. Jetzt heißt es: Bleibt, ihr Engel, bleibt bei mir!«) den Verlag vererbt hatte.
Dieser Tröster heißt Mathias Döpfner. Er hat in den Jahren seit Springers Tod den Verlag zu Tode saniert. Alle Großstadtzeitungen (inklusive der »Berliner Morgenpost« und des »Hamburger Abendblatts«, der »Lieblingszeitung Springers«) wurden verkauft, die Auflage von »Bild« auf ein Drittel reduziert, die »Welt« zur Wurfsendung geschrumpft, die keiner außer Annewill Maischberger noch kennt, wenn sie mal keine direkten Nazis einladen wollen, und das war erst der Anfang: Döpfner, der Enteigner, stellt jetzt »Welt Kompakt« und »Welt Hamburg« ein, spart 50 Millionen, davon 20 bei »Bild«, stellt das Wirtschaftsmagazin »Bilanz« ein, der Sportteil der »Welt« kommt künftig von »Bild«. Übrig bleibt ein digitales Geschäft, das nur dann eines ist, wenn es nichts als Geschäft ist und des ideologischen Mehrwerts, von dem Springer einmal lebte, soweit wie möglich entbehrt.
Mit der Hoffnung stirbt zuletzt auch der Restverstand. Und so erklärt Döpfner, der sich – aus purem Übermut oder weil von der Gemahlin, Tochter der Deutschen Bank, zum Hochzeitstag gewünscht – zum Vorsitzenden des Verbands der Zeitungsverleger gewählt hat: »Wer Unwahrheiten verbreitet, muss zur Verantwortung gezogen werden.« Die größte Herausforderung für den Journalismus weltweit sei der Populismus.
Pinochet hätte es nicht schöner sagen können.
Hermann L. Gremliza