Elke Wittich über die neuesten Datenleaks
Große Überraschung: Menschen, die alles daran setzen, die Privatsphäre anderer zu verletzen, also ihre Geheimnisse auszuspionieren und sie dann, gern versehen mit hämischen Bemerkungen, zu veröffentlichen, sind nicht besonders nette Wesen. Hätte man wissen können, jedenfalls, wenn man in einer Kleinstadt oder einem Dorf aufgewachsen ist, wo den Tratschen kein Aufwand zu groß ist, um herauszufinden, ob Frau Dings nicht was mit Herrn Dangs hat, und so weiter.
Neu ist nur, dass es mittlerweile eben nicht mehr ältere Leute sind, die ihr langweiliges Leben mit Klatschereien und Denunziationen aufzupeppen versuchen, sondern junge, meistens Männer, die ganz klischeehaft noch bei Mama und Papa wohnen. Und an denen, bis auf die Fähigkeit, Accounts von anderen zu hacken, nichts Besonderes ist – wodurch es auf die Frage, warum Nerds eine Zeitlang als Gipfelpunkt der Hipness galten, noch weniger Antworten gibt als, sagen wir, vor drei Jahren, als noch niemand wusste, dass die ganzen Vorzeige-Nerds, also früh zu immensem Reichtum gekommene Erfinder irgendwelchen sozialen Internetgedöns, durch ihre Mängel in Bereichen wie Lebenserfahrung und Soziales dafür sorgen würden, dass Verschwörungstheorien sich immens verbreiten. Und dass das wiederum ernste Konsequenzen haben würde wie den Brexit, das Erstarken der Rechten und sogar Mord.
Dass hinter den Datenleaks, die Anfang Januar alle rund eine Woche lang aufgeregt diskutierten, ein solcher gelangweilter rechtsradikaler 20jähriger steckte und nicht der russische Nachrichtendienst GRU, war durchaus absehbar, denn dazu war das veröffentlichte Material zu öde – was nichts daran ändert, dass es für die Betroffenen sicher nicht lustig ist, ihre Mails in der Öffentlichkeit wiederzufinden.
Interessanter ist der zweite kurz danach bekanntgewordene Leaks-Fall von rechts, über den kaum geredet wurde. Von ihm ist auch konkret betroffen, das in den sonst fäkaliendurchtränkten Hassanmerkungen des anonymen Autors noch recht gut wegkommt und lediglich als »ältestes linkes Magazin Deutschlands« auftaucht. Die Adressen hatte sich der Verbreiter unter anderem aus Impressen besorgt. Dafür muss man nicht mal ein gelangweilter 20jähriger sein, weswegen der Urheber dieser angeblichen Leaks auch eine mittelalte rechtsradikale Hausfrau aus irgendeiner Kleinstadt sein könnte, der die üblichen Tratschereien zu fad geworden sind. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das passieren würde.
Elke Wittich
Die Denic legt Wert auf die Feststellung, dass seit dem 25. Mai 2018, mit Wirksamwerden der europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO), Inhaberdaten von .de-Domains nicht mehr öffentlich zugänglich sind. Das stimmt. Deswegen haben wir eine Formulierung aus dem Artikel entfernt, die nahelegt, der rechte Hacker habe sich die von ihm veröffentlichten Adressen unter anderem durch eine Denic-Abfrage besorgt. Solche Abfragen sind anonym nicht mehr möglich, sondern nur noch durch den Nachweis eines berechtigten Interesses.