von Philipp Schmidt
Die Besserintegrierten von der SPD.
Sigmar Gabriel hatte im vergangenen Jahr auf dem Dresdner Parteitag der SPD bereits angekündigt, wohin die Reise geht: dahin nämlich, "wo es laut ist, wo es brodelt, wo es manchmal riecht - gelegentlich auch stinkt". Wohlan! sprachen die Genossen Delegierten und applaudierten.
Als Thilo Sarrazin (SPD) dann das Ticket löste, mit dem in dieser Republik seit Monaten sämtliche Arschgeigen unterwegs sind, wies ihn der Boß der Genossen gehörig zurecht: Er solle endlich aufhören, "den Deutschen angst zu machen". Allerdings, so fügte Gabriel hinzu, sei Sarrazin, der so schreibt wie einer und sich stets eifrig bemüht, wie einer zu reden, "gewiß kein Rassist" - er habe sich allenfalls "intellektuell verirrt".
Wie man, um weitere Irrungen zu vermeiden, sozialdemokratisch korrekt über Integration spricht, demonstrierte der Parteichef an anderer Stelle: "Egal ob Deutscher oder Ausländer: Wer seine Kinder nicht regelmäßig und pünktlich in die Schule schickt, dem schicken wir die Polizei vorbei." Wer Integrationsangebote ablehne, der könne nicht in Deutschland bleiben.
Gabriel hat auf den Punkt gebracht, um was es in der sogenannten Integrationsdebatte tatsächlich geht: Organisiert wird der gesellschaftliche Ausschluß ebenso wie die Legitimation seiner gewaltsamen Durchsetzung. Der "stumme Zwang der Verhältnisse" wird zum Gebrüll der Ordnungskräfte, je weiter es im sozialen Gefüge nach unten geht, je weiter sich der Einzelne von den Normen deutscher Leitkultur entfernt.
Das Tabu, das in diesem Land zumindest für eine gewisse Zeit dafür gesorgt hat, daß man das Talkshow-Geschwätz bei Plasberg vom Gegeifer bei Tisch und Stammtisch unterscheiden konnte, ist gebrochen. Auch die Sozialdemokraten können ihre Klientel nun freimütiger bedienen. Eine aktuelle Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung spricht aus, was man ahnen konnte: Es müsse "bei einem großen Anteil der deutschen Bevölkerung von einem verfestigten rechtsextremem Denken" ausgegangen werden. Ein Viertel der Deutschen wünscht sich eine Einheitspartei zur Vertretung der volksgemeinschaftlichen Interessen. Mehr als jeder Zehnte votiert konsequenterweise gleich für einen Führer. Über 35 Prozent der Deutschen sehen die Bundesrepublik "durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet". Die SPD beherbergt dabei mit rund 24 Prozent die meisten Parteianhänger mit "rechtsextremem Einstellungspotential". Damit belegen die Sozialdemokraten unter den demokratischen Parteien Platz eins der Nazigefolgschaftsrangliste, vor CDU/CSU und Linkspartei.
Sigmar Gabriel jedenfalls ist seinem erklärten Ziel in den vergangenen Wochen ein ganzes Stück nähergekommen. Seit an Seit schreiten die Genossen dorthin, wo es manchmal riecht - meistens jedoch aufs Erbärmlichste stinkt.