Wie die Kulturindustrie am altbackenen Urheberrecht festhält, um es zu ihren Gunsten auszuschlachten.
Von Berthold Seliger
„Intellectual property is the oil of the 21st century«, sagt Mark Getty, Vorsitzender von Getty Images, einer Firma, die zu den weltgrößten Besitzern von »geistigem Eigentum« gehört. In der Tat ist der weltweite Streit um Urheberrechte eine Auseinandersetzung um Besitzrechte, und »wie wir wissen, steht der Dienst an den Gütern im Dienst derer, die Güter besitzen« (Alain Badiou). Es lohnt sich also, genauer zu hinzusehen: Wie versuchen die Konzerne, die im großen Stil Verwertungsrechte besitzen, das Urheberrecht zu ihren Gunsten zu manipulieren?
Das Urheberrecht soll eigentlich die Leistungen von Kreativschaffenden schützen. Autoren, Komponisten, Filmemachern oder Journalisten soll die ausschließliche Befugnis darüber zustehen, ob und wie ihre Werke genutzt werden, und sie sollen an jeder wirtschaftlich relevanten Nutzung ihrer Werke finanziell beteiligt werden. In der Praxis lassen sich Verwerter wie Plattenfirmen oder Verlage jedoch meist sehr weitgehende oder ausschließliche Nutzungsrechte übertragen. Oft darf der Urheber danach sein eigenes Werk nicht mehr nutzen. Der Verwerter ist längst an die Stelle des Urhebers getreten und genießt praktisch den gleichen Schutz für die von ihm erworbenen Nutzungsrechte wie der Schöpfer des Werkes. Deswegen spreche ich im folgenden von Verwerterrechten. Das sogenannte Urheberrecht dient nämlich keineswegs, wie es uns die Lobbyisten der Verwertungsindustrie weismachen wollen, den Kreativen, sondern es dient als Schutzrecht der Entertainment- und Verlagswirtschaft fast ausschließlich den Interessen der Kulturindustrie. Die internationalen Abkommen beschränken sich konsequent auf die verwertungsrechtlichen Aspekte des Urheberrechts.
Das Urheberrecht, wie wir es heute kennen, ist ein intellektuelles System aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert, das der Westen im 20. Jahrhundert perfektioniert hat. In der digitalen Welt allerdings ist ein derart altbackenes kapitalistisches Rechtssystem nur noch mit den Waffen reaktionärer Politik, mit der steinzeitlichen Keule des Law-and-Order-Staates, durchzusetzen. Dieses System hält immer noch an der romantischen Legende vom genialen Autor fest, der einsam in seiner Kammer Literatur oder Musik herstellt, und fußt auf einer Geisteshaltung, die bürgerliche Souveränität stets an Tauschwert und Besitz bindet. Die Wirklichkeit ist bekanntlich längst eine andere: Es wird gesampelt und montiert, was das Zeug hält, und wenn Roland Barthes bereits 1968 den Tod des Autors verkündet hat, so gilt dies erst recht für die digitale Gegenwart mit ihrer fortschreitend kollektiven kreativen Produktion.
Heutzutage ist jeder Song und jeder Text bis 70 Jahre nach dem Tod des Autors urheberrechtlich geschützt, »somit zum Besitz deklariert und daher nicht jedermann/frau frei verfügbar« (Raimar Stange). Das Urheberrecht der prädigitalen Welt ist nicht nur ein Abrechnungsmodell für die Verwertungsindustrie, sondern erschwert und verhindert gar Kreativität. Ist es richtig, daß Labels darüber entscheiden, welche Samples in der modernen Musik verwendet werden dürfen? Ist es richtig, daß die Erben eines bereits mehr als 50 Jahre verstorbenen Dichters wie Bertolt Brecht darüber entscheiden dürfen, wie die Inszenierungen seiner Stücke auszusehen haben, oder sogar, wer seine Stücke überhaupt aufführen darf? Ist es richtig, die Kreativität einzuschränken, etwa dergestalt, daß ein Künstler bei jeder Kopie den Urheber um Einverständnis bitten muß, wie es in Europa gang und gäbe ist? Oder: Wenn Jugendliche sich die technischen Möglichkeiten unserer Zeit zunutze machen und Songs nehmen, sie remixen oder neu zusammensetzen, dann konsumieren sie nicht nur, sie teilen ihre Kreativität mit anderen. Ist das erfreulich und unterstützenswert, oder wollen wir sie kriminalisieren, wie es die Gesetzeslage derzeit hergibt? Eine moderne, offene und demokratische Gesellschaft sollte eher an einem völlig neuen Copyright arbeiten, das den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird, als die einseitig die Verwerter bevorzugenden langen Geltungsdauern alter Besitzrechte noch weiter auszudehnen. Der Filmemacher Jean-Luc Godard sagt: »Ich finde, man sollte für seine Arbeit bezahlt werden, nicht für die Verwertung seines Produktes ... Das Urheberrecht ist eine Fiktion.«
Eine der bestgepflegten Legenden der Verwertungsindustrie ist, daß es bei der Copyright-Diskussion um die Künstler gehe, die ohne das Urheberrecht quasi Hunger leiden müßten – eine glatte Lüge, wenn man sich die Realität ansieht: Die Rechte der Urheber sind durch Buy-out-Verträge, wie sie in der Musik-, Film- und Fernsehbranche verbreitet sind, oder durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der Verlage längst marginalisiert. »Eine Handvoll Film- und Verlagskonsortien teilen sich den Kulturmarkt und sind auch noch untereinander stark vernetzt … Die Demokratie und das menschliche Recht auf Kommunikationsfreiheit und auf Teilhabe am kulturellen Leben sind in Gefahr«, warnt der niederländische Politikwissenschaftler Joost Smiers.
Besonders deutlich wird dies, wenn man die von der Verwertungsindustrie soeben praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit auf europäischer Ebene durchgesetzte Verlängerung der Frist für Leistungsschutzrechte von 50 auf 70 Jahre betrachtet. Hier geht es um die Tonaufnahmen, an denen »verwandte Schutzrechte« bestehen, nicht um die Autoren der Stücke. Es geht also um die Rechte derjenigen, die die Werke der Urheber einspielen, singen oder aufführen. Die Rolling Stones etwa haben in der ersten Hälfte der sechziger Jahre Songs von Chuck Berry, Willie Dixon oder Bobby Womack eingespielt und verfügten so bislang für 50 Jahre über die »verwandten Schutzrechte« ihrer Aufnahmen – durch die Verlängerung der Leistungsschutzrechte gilt dies nun noch 20 weitere Jahre. Bei jeder öffentlichen Wiedergabe einer Einspielung muß an die Künstler bzw. an ihre Plattenfirma eine Vergütung ausgezahlt werden.
In der Öffentlichkeit behaupten Verwertungsindustrie und ihre medialen wie politischen Claqueure gern, die Leistungsschutzrechte seien ein wichtiger Teil der Altersvorsorge ausübender Künstler, was schlicht Unsinn ist. Abgesehen davon, daß etwa 80 Prozent aller Aufnahmen nicht einmal ihre Herstellungskosten einspielen und die Künstler, bis diese eingespielt sind, keinerlei zusätzliche Beteiligung erhalten, liegt der Anteil an Einnahmen aus Leistungsschutzrechten bei ausübenden Künstlern schon heute durchschnittlich bei unter 300 Euro jährlich. (Die hier genannten Zahlen stammen von dem nützlichen Informationsdienst www.irights.info.)
Nicht die ausübenden Künstler, sondern die vier Majorlabels Universal, Sony BMG, Warner Music und EMI sind im Besitz fast aller Rechte, deren Leistungsschutz nun verlängert wurde. Diese vier multinationalen Konzerne streichen etwa 72 Prozent aller Einnahmen aus Aufnahmen ein; das erfolgreichste Fünftel der Künstler erhält weitere 24 Prozent all dieser Einnahmen. Die verbleibenden 4 Prozent verteilen sich also auf 80 Prozent aller ausübenden Künstler – jeder dieser Künstler erhält durch die Verlängerung der Leistungsschutzrechte lediglich zwischen 4 und 58 Euro pro Jahr zusätzlich. Dafür verschiebt sich die Verteilung der Einnahmen zugunsten älterer Rechteinhaber, also zugunsten der großen Konzerne, zugunsten von Erbengemeinschaften, von Hedgefonds oder anderen Rechteinhabern. So schafft man günstige Rahmenbedingungen für die »Zukunftsindustrien«, so erhält man ihre ökonomische Vorherrschaft. Es geht, wie es in einer Mitteilung der EU-Kommission »zum strategischen Konzept für die Rechte des geistigen Eigentums in Europa« vom 24. Mai in dankenswerter Offenheit heißt, um »Marktkapitalisierung«, um »Wettbewerbsvorteile der europäischen Unternehmen«, um »geistiges Eigentum« als »Kapital, durch das die künftige Wirtschaft genährt wird«. Von Urhebern, von Kunst und Kultur ist da nicht die Rede. Die Verwertungsindustrie hat unter dem Deckmäntelchen »Künstler müssen für ihre Arbeit Geld bekommen« eine Art vom Staat alimentiertes »Leistungsschutzgeld« (so der Internetaktivist Michael Seemann) durchgesetzt.
Wer aber sind die Lobbyisten der Verwertungsindustrie, und was wollen sie genau? Hierzulande tut sich auf Industrieseite vor allem eine Figur hervor: der Sozialdemokrat Dieter Gorny. Der Hansdampf in allen Musikindustriegassen hat die Popkomm und zusammen mit verschiedenen Konzernen den Sender Viva gegründet; seit 2007 ist er Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie e. V. (BVMI), des zentralen Lobbyverbands. Zusammen mit ARD, ZDF, Gema, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und anderen einschlägigen Organisationen der Film- und Fernsehwirtschaft hat der BVMI die »Deutsche Content Allianz« als »Interessengemeinschaft der Medien in der digitalen Welt« ins Leben gerufen – Motto: »Inhalte kreieren, Technologie mit Leben erfüllen, Wertschöpfung gestalten«.
Ein Ammenmärchen der Kulturindustrie besagt, illegale Downloads seien schuld daran, daß Künstler nicht mehr von ihrer Kunst leben können. Um dies zu beweisen, gibt der BVMI zusammen mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen regelmäßig eine Untersuchung zur »digitalen Content-Nutzung« in Auftrag. Das Marktforschungsinstitut GfK befragt zu diesem Zweck 10.000 Menschen und rechnet die Ergebnisse hoch – das liest sich dann wie wissenschaftliche Daten, ist aber nur eine Schätzung industriefreundlicher Marktforscher. Laut Branchenblatt »Musikwoche« haben 2010 demnach »3,7 Millionen deutsche Internetnutzer Medieninhalte aus unlizenzierten Quellen heruntergeladen. Das summierte sich auf 185 Millionen Songs, 46 Millionen Alben und sechs Millionen Hörbücher.« Allerdings: Die Zahlen sind aus mehreren Gründen zweifelhaft. Der »Spiegel« berichtete, daß »die Branchenverbände bei der Interpretation der Daten deutlich über das Ziel hinausgeschossen sind«. Die GfK erwähnt nämlich den Begriff »illegal« in ihrer Auswertung an keiner Stelle – »wir führen da keine Wertung durch«, erklärte ein Sprecher. Die Lobbyistenverbände der Kulturindustrie dagegen werteten einfach die meisten Downloads, die nicht »kostenpflichtig« waren, als illegal, obwohl es sich auch um völlig legale Downloads handeln kann. »Die Branchenverbände rechnen sich arm«, faßt der »Spiegel« zusammen.
Zumal eine andere Studie der GfK über das Konsumverhalten von Nutzern sogenannter Download-Börsen ein Ergebnis hervorgebracht hat, das den Content-Fanatikern noch weniger in den Kram paßt: Vereinfacht gesagt, »wer Filme herunterlädt, geht öfter ins Kino« (»FAZ«) und kauft mehr DVDs als durchschnittliche Konsumenten. Damit würde das Feindbild Internetpirat in sich zusammenfallen.
Die deutsche Kulturindustrie möchte aber unbedingt an ihrem liebsten Kind festhalten, einem Internetsperrgesetz nach französischem Vorbild: Das Hadopi-Gesetz, von Sarkozy durchgesetzt, sieht vor, daß bei illegalem Datentausch der Webzugang nach zweimaliger Abmahnung geschlossen wird. Ein Richter muß in einem vereinfachten Verfahren über die Sperre entscheiden, außerdem drohen Geld- und Gefängnisstrafen. Hierzulande wäre das grundgesetzwidrig. Berlusconi möchte in Italien sogar noch eine verschärfte Version der Internetsperre einführen.
Die Musikindustrie hat seit den Achtzigern, als ihr die CD in den Schoß gefallen ist und sie ihr gesamtes Programm, das die Kunden bereits auf Vinyl besaßen, nochmals auf überteuerten Silberscheiben verkaufen konnte, ihr Geschäftsmodell kaum weiterentwickelt. Statt den Strukturwandel aktiv mitzugestalten, verlegte man sich auf eine Strategie, die den Erhalt der von der Technologieentwicklung überholten Marktstrukturen zum Inhalt hatte. Dabei setzt man auf der einen Seite weltweit die Gesetzgeber unter Druck, um das Urheberrecht zugunsten der Inhaber von Urheber- und Leistungsschutzrechten zu verschärfen, zum anderen will man die Verbraucher unter Druck setzen. Auf die digitale Evolution reagiert die Musikindustrie also, indem sie die Einschränkung grundgesetzlich geregelter Freiheitsrechte fordert und die User kriminalisiert.
In dieser Hinsicht macht sich besonders der CDU-Politiker Siegfried Kauder bei der Kulturindustrie Liebkind. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags geriet kürzlich mit seiner großspurigen Ankündigung eines »eigenen« Gesetzes unter Beschuß. Kauders Modell sieht vor, daß sich Rechteinhaber bei Providern über Copyright-Sünder beschweren; erst gibt es einen Warnhinweis, im wiederholten Fall Internetentzug, ganz ohne Gerichtsverfahren. Verfassungsrechtliche Bedenken kommen einem solchen Siegfried offenbar nicht. »Die Ankündigung des CDU-Politikers begeisterte alle anwesenden Branchenvertreter«, berichtete die »Musikwoche« über das Treffen der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL). Dumm nur, daß Kauder im Alleingang gar kein Gesetz in den Bundestag einbringen kann und nicht mal über Rückendeckung in seiner eigenen Fraktion verfügt. Noch dümmer, daß der vermeintliche feurige Kämpfer für Urheberrechte im Internet, wie herauskam, urheberrechtlich geschützte Fotos vom Google-Dienst Panoramio geklaut und auf seine Homepage gestellt hatte.
Eine besonders unglückliche Rolle in der Verwertungsrechtsdebatte spielt der Verband unabhängiger Musikunternehmen e. V. (VUT). Deren Vorsitzender Mark Chung (Ex-Einstürzende Neubauten) war neun Jahre in leitender Stellung bei Sony Music tätig, ehe er 2005 wieder Musikverleger wurde und 2006 die VUT-Leitung übernahm. Chung ist wie sein BVMI-Pendant Gorny ein eiserner Verfechter knallharter Law-and-Order-Positionen, fordert Sarkozy-Hadopi-Gesetze und unterstützt vorbehaltlos verwertungsindustriefreundliche Regelungen, was besonders absurd ist, da die meisten der im VUT zusammengeschlossenen knapp 1.200 Unternehmen im Gegensatz zu den großen Playern nur über sehr eingeschränkte und meist kürzer laufende Plattenverträge mit ihren Künstlern verfügen. So nimmt es nicht wunder, daß unsereiner von VUT-Vorstandsmitgliedern gebeten wird, das Copyright zu erklären, weil dort im Vorstand dauernd komische Vorlagen über Urheberrechtsangelegenheiten verabschiedet würden. Wer im VUT anderer Meinung ist, dem droht Chung schon mal öffentlich Prügel an. So geschah es dem Trikont-Chef und VUT-Mitglied Achim Bergmann auf einer Podiumsdiskussion mit Gorny und Chung in Berlin, nachdem er die beiden Cheflobbyisten der hiesigen Verwertungsindustrie Schleimer genannt hatte. Der VUT mit seiner »alternativen Bürokratenwuselei« (Bergmann) spielt hierzulande die Rolle eines Nickmännchenvereins, der reaktionäre Verwerterforderungen mit dem Siegel alternativer, »unabhängiger« Firmen versieht. Man denkt unweigerlich an das Diktum von David Thomas (Pere Ubu): »Der einzige Unterschied zwischen Independent- und Majorlabels ist der, daß die Majors eine Menge Geld haben. Ich glaube nicht an diese Indie-Spirit-Kameraderie und das ganze Blabla, und ich will nicht bei einem Label sein, das keine Platten verkaufen will. Ich will nicht dein Kumpel sein, ich will, daß du versuchst, dieses verdammte Ding zu verkaufen.«
Ein weiterer Spitzenlobbyist der Verwerterindustrie ist Manfred Gillig-Degrave, Chefredakteur des Branchenblatts »Musikwoche«. Von der Struktur her schon immer ein Verlautbarungsorgan der Industrie, ließ die »Musikwoche« eine Zeitlang speziell zu Urheberrechtsfragen auch andere Meinungen zu. Auffällig ist jedoch, daß das Blatt seit der Übernahme durch Gruner + Jahr stromlinienförmig ausschließlich verlegerfreundliche Positionen vertritt und der Chefredakteur in seiner wöchentlichen Kolumne das Hohelied auf die konservativen Regierungen in Frankreich und England oder auf Politiker wie Kauder singt. (Gruner + Jahr versucht übrigens seit längerem, die »Total-Buy-Out-Verträge« für freie Journalisten durchzusetzen, wonach diese dem Verlagsriesen die Rechte an allen denkbaren Nutzungsarten ihrer Texte übertragen sollen – diese Verträge werden jedoch von einem Gericht nach dem anderen einkassiert, weil sie »aus sich heraus unangemessen benachteiligend« und somit unwirksam seien. )
Eine Besonderheit hält das amerikanische Copyright-System bereit: 1978 trat dort eine Klausel des Urheberrechts in Kraft, die es Musikern erlaubt, nach 35 Jahren die Rechte an ihren Masteraufnahmen von den Labels zurückzufordern. Ihre Ansprüche müssen die Künstler mit einer zweijährigen Vorlaufzeit anmelden. Nach Informationen der »New York Times« haben etwa Bob Dylan, Tom Petty, Kris Kristofferson, Bryan Adams, Loretta Lynn und Tom Waits diese Ansprüche bereits angemeldet. »Die Musikindustrie hat Unmengen von Geld mit diesen Masterbändern verdient, viel mehr als die Künstler«, sagt Eagles-Mitglied Don Henley, Mitbegründer der Recording Artists Coalition. Die Musikindustrie wertet diese Regelung als »lebensbedrohliche Veränderung« und wehrt sich nach Kräften: Die Recording Industry Association of America (RIAA), der Kritiker vorwerfen, in den USA durch eine Art Kartell die Preise von CDs zu bestimmen, versucht es mit einem Trick: Die Künstler seien, als sie ihre Alben einspielten, nur Angestellte der Plattenfirmen gewesen, die Alben mithin Auftragswerke, »works for hire«, für die diese Regelung keine Gültigkeit habe; das Urheberrecht bleibe somit bei den Plattenfirmen. Bruce Springsteen ein Angestellter, Bob Dylan ein Auftragsempfänger von Columbia (Sony)? Viel Spaß bei der gerichtlichen Auseinandersetzung!
Berthold Seliger schrieb in LITERATUR KONKRET 2011 über Wang Huis Kritik der Politics of Imagining Asia
Nachtrag der Redaktion: Mark Chung vom Verband unabhängiger Musikunternehmen hat auf diesen Beitrag in einem offenen Brief geantwortet. Dieser sowie eine daran anknüpfende Debatte über sinn oder Unsinn des Urheberrechts finden sich im Blog "Spreeblick".