Und wieder ging ein großer Tag vorbei, ohne daß KONKRET ihn gegrüßt hätte. Selbst die Vereinszeitung "Taz" war vom blassen Grün des Gedankens angekränkelt:
Das Problem mit den historischen Momenten ist, daß man immer erst in der Rückschau sicher sein kann, ob sie wirklich historisch gewesen sind - nachhaltig, einschneidend, die Welt verändernd. Trotzdem,
entschied die Chefredakteurin Pohl, Landsmännin des zu feiernden Schwaben,
spricht viel dafür, daß gestern in Stuttgart ein Stück Geschichte geschrieben worden ist. Mit Winfried Kretschmann ist zum ersten Mal ein Grüner zum Ministerpräsidenten gewählt worden ... Eine Zäsur, keine Frage.
Verschlafen hat KONKRET den großen Moment aber auch nicht. Vier Wochen ante festum hatte Florian Sendtner den Kirchenstaatsmann Kretschmann gewürdigt und Michael Schilling beschrieben, wie Martin Walser mit dem Kopf für Stefan Mappus zitterte und mit dem Herzen bei Kretschmann war, und bereits vor 29 Jahren war über die schwäbischen Grünen in KONKRET (3/82) zu lesen:
Da kann es nicht ausbleiben, daß sie nach Höherem schielen. Beim letzten Landesparteitag warf Winfried Kretschmann schon die Frage auf, wie man wohl nach der nächsten Wahl mit an die Regierung kommen könnte. Antwort: Indem man die CDU unter die fünfzig Prozent bringt und sich selbst als Koalitionspartner anbietet. Schon seit einiger Zeit sichten deshalb die Grünen jene "wertkonservativen" Parolen, die von der CDU nur noch verbal vertreten werden. Sie okkupierten das Wort "Heimat" und forderten Ende 1981 die Wiedereinführung von Zwergschulen.
Seine frühere Mitgliedschaft im KBW nannte Kretschmann damals schon einen "fundamentalen Irrtum". Ausgelöst vielleicht durch das Mißverständnis, die Abkürzung bezeichne einen Katholischen Betkreis Württemberg.
Auch ein zweiter historischer Moment kommt in diesem Heft zu kurz: Am Tag des Redaktionsschlusses wurde zum ersten Mal ein Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) verhaftet: Dominique Strauss-Kahn. Die Redaktion bedauert, daß Strauss mit einer Begründung im Kahn gelandet ist, die leider in keinerlei Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit steht. Aber wie man unter Journalisten so sagt: Wir bleiben dran.
Das Urteil im Prozeß vor dem Münchner Landgericht gegen den 91jährigen Iwan Demjanjuk, Mordgehilfe im deutschen Vernichtungslager Sobibor (fünf Jahre für Beihilfe zum Mord in 28.060 Fällen) ist Grund, den kürzlich erschienenen konkret texte 51 Hitlers Hiwis. Iwan Demjanjuk und die Trawniki-Männer des Historikers Matthias Janson zu empfehlen, der erstmals den Werdegang des Täters im Kontext der NS-Vernichtungspolitik sowie die skandalösen Versäumnisse der deutschen Justiz gegenüber den Verantwortlichen des Lagers Trawniki und die Geschichte des Demjanjuk-Prozesses beschreibt. Erhältlich beim Verlag, 120 Seiten, 14 Euro. Siehe auch die Glosse von Florian Sendtner in der aktuellen Ausgabe.
My money, my ship, my bike! Horst Tomayer, ehrlicher Tagebuchschreiber von KONKRET, Faxkorrespondent der ersten Stunde und unangefochtener Vorsitzender des Vereins "Bayrische Bürger in Hamburg e.V.", ist endlich drin! Opa Pulpos Videotagebuch ist online: in Farbe, unzensiert und ohne Untertitel! Apfelbäume auf dem Kirchhof von Niendorf, Impressionen aus dem Herzogtum Lauenburg, eine brisante Überraschung für Elbüberschwemmungswasserfetischisten und Spargelstechen mit dem "gestohlenen Löffel". Das Original gibt's auf dem Youtube-Kanal von KONKRET unter: http://www.youtube.com/user/konkretmagazin.
29. Mai, von 13.30 bis 15 Uhr, "Zwischentöne - Fragen zur Person" im Deutschlandfunk, zu Gast: Hermann L. Gremliza.
31. Mai, 19 Uhr, Universität Bochum, Kulturcafé: "Deutschlands Stoßtrupp. Der Bund der Vertriebenen in der deutschen Nachkriegsgeschichte", Veranstaltung mit Erich Später.
7. Juni, 19 Uhr, Universität Bochum, HGA 30: "Falsch verbunden! Das studentische Verbindungs(un)wesen", Veranstaltung mit Jörg Kronauer.