Georg Kreisler ist tot, und wer tot ist, ist allen, von der »FAZ« bis hinunter zur »Taz«, irgendwie »unser«. Unser war Kreisler nicht, trotz seiner gelegentlichen Beiträge in KONKRET (»Alles Theater«, Kulturkolumne in Heft 2/04, und »Kunst kommt von Revolution«, ein Gespräch mit Markus Metz und Georg Seeßlen in 7 und 8/02); und einem Brief, den der 89jährige am 23. Juli 2011, vier Monate vor seinem Tod, an die Verlegerin von KONKRET geschrieben hat:
Sehr geehrte Frau Gremliza, haben Sie herzlichen Dank für die CD mit dem Interview von Herrn Gremliza im Deutschlandfunk. Erstens: Ich habe Herrn Gremliza immer bewundert, und jetzt bewundere ich ihn noch mehr. Zweitens: Es hat mir immense Freude bereitet, zusammen mit Mozart, Heine, Karl Kraus etc. zitiert zu werden. Obwohl er in diesem Interview seine Geringschätzung von Deutschland erwähnt hat, möchte ich diese Gelegenheit benützen, Ihnen zu sagen, daß ich überzeugt bin, daß er Wesentliches dazu beiträgt, Deutschland zu verändern. Ich wünsche ihm auch weiterhin den Mut und die Wortstärke, die er bisher bewiesen hat.
Herzliche Grüße
Georg Kreisler
In dem Musikstück, das Gremliza in der Sendung »Zwischentöne« des Deutschlandfunks hatte auflegen lassen, sang Kreisler, warum »führende Menschen auf Erden / nicht freundlicher, selbstloser, menschlicher werden«:
Die sind so mies. Ja, sie sind so mies / die Nixons und die Krupps und die Onassis ... / Hab’n sie schon Millionen und Millionen und Millionen / klau’n sie immer noch zehn Pfennig am Klosett ... / Sie sind so mies. Sie sind widerlich, die Rockefellers, Neckermanns und Thyssens. / Nur Kriege teilen sie brüderlich, / und du und ich und alle andern büßen’s ... / Aber währ’nd wir davon reden, fällt der Papst mir ein, / der ja auch nicht höher steigen kann, als er schon ist. / Aber trotzdem muß er raffen, seine Pfarrer segnen Waffen, / Er hat nichts von seiner Nülle, doch verbietet er die Pille ... / Ja, sie sind so mies, / sie droh’n uns mit der Hölle und dem Himmel. / Sie segnen uns und sie lächeln süß / und wecken uns am Sonntag mit Gebimmel ... / Für uns wärn’s sicher auch kein Verlust, / die Pfarrer und Pastor’n und Ministranten. / Die Römer hab’n schon genau gewußt, warum sie sie nach Möglichkeit verbrannten. / Mit Franco Konkordate schließen, das können sie. / Wie viel Tyrannen hab’n sie schon gekrönt?! / Sie sind so mies, so beharrlich mies – ach, ich habe mich bis heute / an die grundlos miesen Leute / einfach um’s Verrecken nicht gewöhnt!
Wir auch nicht.
KONKRET hat, zum überlegenen Lächeln der in Forschung, Lehre und Medien angestellten Beschauer der globalen Eingeweide, die Europäische Union immer wieder »Deutsch-Europa« und die Eurozone »Euro-Deutschland« genannt. Im Dezember 1997 war vom »Aufstieg Deutsch-Europas zur zweiten Weltmacht« die Rede, im August 1998 von der »anderen Weltmacht Euro-Deutschland«, im November von einer neuen Weltordnung, »in der die zwei Weltmächte, die USA und Euro-Deutschland, um die Herrschaft konkurrieren.« Fortsetzung folgt auf Seite 8 der Januarhefts.
KONKRET-Leser G.F. aus M. weist auf einen Fehler in »Papier und Partei« von Georg Fülberth (KONKRET 12/11) hin:
»1875 hatte sich die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die von August Bebel und Karl Liebknecht geführt wurde ...« Falsch: Karl. Richtig: Wilhelm.
In Fülberths nächstem Absatz hieß der alte Liebknecht übrigens wieder Wilhelm.
Der konkret-texte-Band (Nr. 54) Sex tells – Sexualforschung als Gesellschaftskritik von Günter Amendt, Gunter Schmidt und Volkmar Sigusch über sexuellen Mißbrauch von Kindern, die Tragik pädophiler Männer, die neosexuelle Revolution und Sex als Ansichtssache (mit Bildern von Christoph Krämer) ist von den Medien, die sonst von Sex, Mißbrauch und Pädophilie nicht genug kriegen können, totgeschwiegen worden. Warum? Die »Zeitschrift für Sexualforschung« schreibt über den Band:
Der moralische Ernst und die zahlreichen Erkenntnisse, die diese Aufsätze und Interviews im Einzelnen als auch in ihrer Gesamtheit bieten, sind kaum zu übertreffen.
Daran wird’s liegen.
»Krisengipfel – Böse Banken, braver Staat«: KONKRET-Streitgespräch in der Hamburger Bar Golem (Große Elbstraße 14) mit Thomas Ebermann, Matthias Altenburg, Justin Monday und anderen, moderiert von Hermann L. Gremliza, am 22. Januar 2012.
»›Deutschlands Stoßtrupp‹ – Der Bund der Vertriebenen in der deutschen Nachkriegsgeschichte«: Veranstaltung mit Erich Später, Autor des Buches Kein Frieden mit Tschechien. Die Sudetendeutschen und ihre Landsmannschaft (konkret texte 38), in Regensburg, 19. Januar, Lederer e.V., Lederergasse 25, Beginn 19 Uhr.