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von konkret

Nachhilfe

Familienministerin Kristina Schröder, herzigstes Herzchen im schwarzgelben Collier des Berliner Kabinetts, hat beim »Weltbild«-Verlag als Unterrichtsmittel die Broschüre Demokratie stärken – Linksextremismus verhindern bestellt und bezahlt, in der die Tageszeitungen »Neues Deutschland« und »Junge Welt«, die Wochenzeitung »Jungle World« und das DKP-Blatt »UZ« als Organe linker Verfassungsfeindschaft aufgelistet sind – passend zum Weltbild einer Christdemokratin, deren heimatliche Landespartei stets ein schwarzbraunes Sammelbecken war (von Alfred Dregger über Martin Hohmann bis zu Roland Koch und eben Kristina Schröder). Weil Undank der Welt Lohn ist, beklagt sich »Neues Deutschland« unter Hinweis darauf, daß die Kanzlerin den Herrn Chefredakteur zu Gesprächen einlädt, ganz bitterlich. KONKRET hingegen, das unter der Maxime erscheint: »Was die Deutschen rührt, wird bei uns geschüttelt«, bleibt in Schröders Rotbuch ungenannt. Der Verlag erwägt, gegen diese Wettbewerbsverzerrung vorzugehen. Vorsorglich wird das Ministerium abgemahnt, den entstandenen Schaden durch eine Aufnahme von KONKRET in eine etwaige zweite Auflage in Grenzen zu halten.

Schützenhilfe

Einen Frau Schröders Gewerbe und die KONKRET-Ausgaben 12/11 und 1/12 betreffend die ideologische und personelle Nähe von Nazis, Polizei und Verfassungsschutz ergänzenden Beitrag lieferte noch im Dezember die »Stuttgarter Zeitung«:

Der Verfassungsschutz hat offenbar 19 Jahre lang bis 1970 einen gesuchten Naziverbrecher beschäftigt und scheinbar (gemeint: anscheinend – Red. KONKRET) auch geschützt. Er war der Mann gegen die Linken, die Kommunisten, gegen die sich die Sicherheitsbehörden des Nachkriegsdeutschlands besonders wappneten. Als der frühere Gestapo-Beamte Viktor Hallmayer 1951, praktisch mit der Gründung Baden-Württembergs, zu einem der ersten Verfassungsschützer gemacht wurde, spielte diese politische Denkrichtung eine wichtige Rolle. Hallmayer, der durch ein im Mai 1950 eingestelltes Spruchkammerverfahren offiziell rehabilitierte frühere SS-Hauptscharführer, hatte schließlich während des Krieges schon in Paris beim Gestapo-Kommando Gutgesell Résistance-Mitglieder aufgespürt. Zugleich hatte er umfangreiche Kenntnisse über die linke Front National gesammelt.

Über den Namen Hallmayer ist jetzt erst der Ulmer Historiker und Kulturwissenschaftler Andreas Lörcher gestolpert. Der 32jährige, der seit 2009 die Ulmer »Denkstätte Weiße Rose« leitet, die der Volkshochschule Ulm angegliedert ist, forschte der Erhängung zweier Zwangsarbeiter zum Kriegsende in Langenau (Alb-Donau-Kreis) und Ulm nach. Die Hinrichtungen, in einem Fall wegen des Diebstahls von Filzstiefeln, hatte ein gewisser Hallmayer beaufsichtigt. Lörcher beschaffte sich von der Ludwigsburger Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen die Akte zu dem Mann – und konnte kaum glauben, was er las: »Der Mann steht auf einer amerikanischen Kriegsverbrecherliste. Die französischen Behörden suchen ihn wegen Mordverdachts und Folter. Aber anstatt daß man ihn ausliefert, wird er zum Verfassungsschutz befördert.«

Hallmayer, der bei der Stuttgarter NSDAP-Ortsgruppe Leonhardtsplatz unter der Mitgliedsnummer 7563450 geführt wurde, kommt aus dem Verborgenen und verschwindet bald wieder darin. Er ist viel herumgekommen, nicht nur in Paris und Ulm, sondern auch in Gestapo-Dienststellen in Stuttgart, Karlsruhe und Trier. Vom 28. August 1951 an wird er bei der Verfassungsschutz-Dienststelle D8 in Stuttgart mit »Sonderaufträgen« betraut, über deren Natur die Akten nichts preisgeben. Er überwacht, das immerhin ist dokumentiert, politische Veranstaltungen und ist für den Personenschutz »führender Persönlichkeiten bei offiziellen Anlässen« zuständig. Das scheint Hallmayer gut gemacht zu haben. 1952, kurz nach Antritt der neuen Stelle, wird er zum Kriminalpolizeimeister ernannt. 1954 avanciert er zum Beamten auf Lebenszeit, nur ein Jahr später wird ihm die nächste Beförderung zum Kriminalobersekretär zuteil. 1969 feiert er sein 40-Jahr-Dienstjubiläum – und bekommt dafür eine Dankesurkunde des damaligen Ministerpräsidenten Hans Filbinger (CDU). 1970 geht Viktor Hallmayer in den Ruhestand. Bis zu seinem Tod wenige Jahre später bekommt er eine Pension, die alle Dienstansprüche bis ins Jahr 1932 zurückreichend voll vergütet.

Der Bericht ist ein Unterrichtsmaterial, das Kristina Schröder als typisches Beispiel linksextremistischer Demagogie in ihre Broschüre aufnehmen sollte.

Veranstaltungen

Köln, 1. Februar, 19 Uhr, Studiobühne, Universitätsstraße 16, Vortrag von Alex Feuerherdt: »Die letzte Bastion der Heteros – Schwulenhaß im Fußball«.

Berlin, 21. Februar, 20 Uhr, Brecht-Haus, Chausseestraße 125, Buchvorstellung mit Dietmar Dath und Barbara Kirchner: Der Implex. Sozialer Fortschritt: Geschichte und Idee; Moderation: Georg Fülberth.

Kassel, 25. Februar, 18 Uhr, Rathaus: Verleihung des Kasseler Literaturpreises für grotesken Humor an Ulrich Holbein, mit einer Lesung des Preisträgers; Laudatio: Bazon Brock. Im Rahmen der Veranstaltung wird in der Rathaus-Galerie eine Ausstellung mit Fotocollagen von Ulrich Holbein eröffnet: »Lieber eine falsche Weltsicht als gar keine Flügel! Seufzer, Statements und Appelle« (bis 23. März).

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