»Tor zu einer anderen Welt. Physiker entschlüsseln das Geheimnis der Antimaterie«: Man muß schon beim »Spiegel« arbeiten, um so viele gequirlte Quarks auf einem einzigen Titelblatt unterzubringen. Das jüngst am Cern in Genf gefundene Higgs-Teilchen ist weder Antimaterie, noch gelangt man mit dem großen Teilchenkarussell LHC (Large Hadron Collider), mit dem der Nachweis glückte, in irgendwelche Paralleluniversen.
Der Hamburger Pirat Michael Büker hat es da schon besser getroffen. In seinem Blog »Gebloggendings« vergleicht er das Vorgehen der Physiker mit dem Versuch, den Aufbau eines LKW-Motors zu analysieren, indem man zwei Brummis mit hohem Tempo aufeinanderprallen läßt und dann den Schrott sortiert. Nur kollidieren im LHC keine Laster, sondern Protonen – also Wasserstoffkerne –, und das Resultat ist ein Durcheinander aus den (höchstwahrscheinlich) allerkleinsten Bausteinen der Welt: sogenannten Quarks, Leptonen und Bosonen. Aus den ersten beiden setzt sich die Materie zusammen, letztere übertragen die verschiedenen Wechselwirkungen zwischen ersteren.
All diese Partikel mit den merkwürdigen Namen kommen in verschiedenen Sorten vor; das macht die Sache nicht übersichtlicher. So wurde der Begriff des »Teilchenzoos« geprägt. Im Lauf der Jahre konnte man allerdings ein wenig Ordnung hineinbringen; es entstand das Standardmodell der Teilchenphysik. Und dieses Modell benötigt eine Erklärung, warum viele Exemplare des Teilchenzoos überhaupt Masse besitzen.
Schon vor einem halben Jahrhundert postulierte der britische Physiker Peter Higgs die Existenz eines Bosons, das genau dies bewirkt. In den folgenden Jahrzehnten wurde ein immer genauerer Steckbrief erstellt, welche Eigenschaften es besitzen müsse: darunter ärgerlicherweise auch eine recht große Masse. Ärgerlich deshalb, weil die Masse eines Elementarteilchens bestimmt, wieviel Kollisionsenergie nötig ist, um es in einem Teilchenbeschleuniger zu erzeugen. Deshalb mußte überhaupt erst einmal der LHC als größte Maschine seiner Art gebaut werden, um mit Higgs’ Teilchen das letzte fehlende Puzzleteil des Standardmodells dingfest zu machen.
Die Physik kann sich nun anderen Dingen wie etwa der Entwicklung des Warp-Antriebs oder der Zeitmaschine widmen – das nur als eine Antwort auf die Frage, was das Ganze eigentlich soll. Eine weitere: Wer will sich schon auf eine Stufe mit Franz-Josef Wagner stellen, der seine Ignoranz stolz mit den Worten zur Schau stellte, die Wissenschaftler mit ihren Protonen und Neutronen gingen ihm auf die Nerven? Und wer trotzdem nörgelt, hier würden Milliarden zum Fenster rausgeworfen, sollte sich vor Augen führen, daß die beteiligten Staaten das Geld sonst doch eh nur für Bier, Zigaretten und Bankenrettungen ausgeben würden.