Herzmerci, Hotte! – Gedenklesung und -radfahrt: »Zu Hause bleiben? Von wegen / sGeht Lesungen entgegen! / Selbstverwirklichung! Vorwärz mit rücksichts / losem Esprit / Statt auf den Bolzen zu warten / Wies Ernährungsvieh.« Das schrieb der Endreimpoet, Schauspieler und konkret-Kolumnist Horst Tomayer (1938–2013) noch kurz vor der Krebsdiagnose. Wer ihn jemals live erlebte, wird dieses überwältigende Ereignis nicht vergessen. Tomayers Schauspielkollege Christoph Hofrichter, sein Leibregisseur Fritz Tietz und Marit Hofmann, seine Redakteurin bei konkret, lassen Opa Pulpo in Wort und Bild wiederaufleben und lesen auf Einladung Der Partei Brandenburg am 25. September um 17 Uhr in der Reihe »Satire am Abend« im Hotel Kronprinz (Friedrich-Engels- Allee 127) in Falkensee bei Berlin aus seinen German Poems, »Deutschen Gesprächen« und »Ehrlichen Tagebüchern«, zeigen Fotos aus seinem Radfahrerleben sowie satirische Kurzfilme.
»Dass Dobrindt nun auch überregionale Fahrradwege mitfinanzieren will, ist da wohl als Treppenwitz zu verstehen«, schreibt das »Neue Deutschland« und fragt: »Wer radelt schon von Hamburg nach Berlin?« Ja, kennst du, »Neues Deutschland«, denn den großen Horst Tomayer nicht? Und die tapferen Tomayer-Gedenkradfahrer/innen, die sich vom 26. bis 28. August wieder auf den Weg von Hamburg nach Berlin machen? Kurzentschlossene und Leser/innen, die die Gedenkfahrer/innen auf der Strecke anfeuern wollen, finden Informationen in der öffentlichen Facebook-Gruppe »Die Horst-Tomayer-Gedenkradfahrt«.
Gefragt, ob es nach der Niederlage des real existierenden Sozialismus die Sache, für die es sich zu kämpfen lohnte, noch gebe, antwortet Hermann Kant in konkret 7/06 Hermann L. Gremliza (das Gespräch kann unter www.konkret-magazin.de nachgelesen werden):
In meinem Kopf gibt es sie, in sehr gedämpften Tönen. Es gibt sie, weil immer noch gilt, dass die Welt nicht so bleiben kann. Wir haben vielleicht die Höhepunkte der Völkervernichtung hinter uns, aber sehr viel schöner ist die Welt nicht geworden, sie wartet jeden Tag mit anderen Scheußlichkeiten auf. Also für mich gibt es die Sache noch. Dass viele sie inzwischen für geradezu lächerlich halten, ist mir klar. Das ändert nichts daran, dass ich in die Grube fahre mit der Gewissheit, eine Welt zu verlassen, die so nicht bleiben darf.
Hermann Kant, der in vierzig Beiträgen, Interviews und Gesprächen seit 1978 in konkret zu Wort kam, ist am 14. August im Alter von 90 Jahren gestorben. Die Welt, die nicht so bleiben darf, wird ihn kaum vermissen. Der Sache, sie zu einer besseren zu machen, wird er schmerzlich fehlen.
Der Artikel von Marcus Hammerschmitt zum VG-Wort-Urteil aus konkret 7/16 wird viel diskutiert. Pars pro toto hat uns ein Leserbrief von Wolfgang Schimmel, ehemals Justitiar des Verbands der deutschen Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) in der IG Medien, erreicht, der Hammerschmitt vorwirft, einer Einschränkung kollektiver Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften und Gewerkschaften das Wort zu reden:
Das Zitat (»Der Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort ist der einzige, den man als Autor unterschreiben kann, ohne ihn zu verstehen«) ist korrekt, aber ein wenig kontextfrei. Es ging mir immer darum, dass Autorinnen und Autoren Verlagsverträge wenigstens lesen und verstehen sollten, bevor sie unterschreiben. Der Wahrnehmungsvertrag der VG Wort … enthält eine Latte von Rechten, deren Bedeutung nicht leicht zu erkennen ist. Nur sind das alles Rechte, mit denen man selbst nichts anfangen kann, die aber nach Abschluss des Wahrnehmungsvertrags bares Geld wert sind. Schön für den Autor, dass ihm der BGH erlaubt, die Verteilung des Geldes aus der VG Wort künftig mit den Verlagen zu klären. Das ist ihm anscheinend lieber als das Gedöns von Gewerkschaften und kollektiver Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften.
Wolfgang Schimmel, ehemals Justitiar des VS in der IG Medien
Darauf wiederum hat Marcus Hammerschmitt geantwortet:
Schön, dass sich Herr Schimmel wenigstens an diesen seiner Sprüche von gestern erinnert, wenn ihm auch einer der Kontexte genehm entfallen ist, in den er zumindest auch gehört. Nämlich in den Kontext des zähen Kampfs von ihm und seinen Kollegen gegen die Korrektur der besagten gentlemen’s agreements bei der VG Wort …
Es spricht ja Bände – ihm kommt noch heute nicht in den Sinn, dass er seine Empfehlung zum Unterschreiben der Wahrnehmungsverträge durch einen nachhaltigen Einsatz gegen die seit langem rechtswidrigen VG-Wort- Praktiken hätte ergänzen können. Statt dessen hat er seinerzeit die Backen aufgeblasen, als er Herrn Vogel daran hindern wollte, einen Teil der gewerkschaftlichen Arbeit zu tun. »Verleumdung« hat er ihm vorgeworfen, »Ehrabschneidung« gar. Auf solches Gedöns hätte ich wirklich gerne verzichtet.
Marcus Hammerschmitt
Ende August erscheint Band 68 der konkret texte-Reihe. Tomasz Konicz fragt unter dem Titel Kapitalkollaps. Die finale Krise der Weltwirtschaft nach dem Charakter und den Verlaufsformen der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus (siehe Anzeige in diesem Heft auf Seite 46). Das Buch hat 280 Seiten, kostet 23 Euro und kann über den konkret-Verlag (verlag@konkret-magazin.de) oder den Buchhandel bezogen werden.
Am 29. September um 20 Uhr stellt Stephan Grigat in Ulm, Gemeindehaus der Martin-Luther-Gemeinde, Zinglerstraße 66, sein Buch Die Einsamkeit Israels. Zionismus, die israelische Linke und die iranische Bedrohung (konkret texte 64) vor.