Die Angst der Konzernchefs vor der ausländischen Justiz.
Von Michael Schilling
Hochverrat, sagte Talleyrand, ist eine Frage des Datums. Verbrechen, jedenfalls das große, milliardenschwere, ist eine Frage des Standorts. Daheim hat der Gangster nur seine Klassenjustiz zu fürchten, also nichts. Draußen, im Land der Konkurrenz, lebt er gefährlich. Mark Zuckerberg beispielsweise kann sich über die peinliche Befragung durch den US-Senat das Lachen kaum verbeißen. Droht ihm Deutsch-Europa mit Strafen, beeilt er sich, sein kriminelles Geschäftsmodell so schnell und laut wie möglich zu bedauern. Martin Winterkorn hingegen hat für die deutsche Justiz nichts übrig als ein Lächeln. Umso vollerer Hose begegnet er der US-Justiz. Mit Recht. Kriegte sie ihn zu fassen, teilte er sich vielleicht bald eine Zelle mit seinem VW-Kollegen Oliver Schmidt, der, nach Bezahlung einer Geldstrafe von 400.000 Dollar, eine siebenjährige Haft im US-Bundesgefängnis Milan (Michigan) absitzt. Man sieht: Die kapitalistische Internationale hat Grenzen. Zum Zeichen, dass die Betrüger verstanden haben, hat VW an Winterkorns Schreibtisch jetzt einen Mann namens Diess gesetzt, der der feindlichen Justiz versprach: »Volkswagen muss ehrlicher, offener, wahrhaftiger, in einem Wort: anständiger werden.«