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Literatur Konkret Nr. 15

1990/91

Kunst, Literatur und deutsche Revolution

Der Feind meines Feindes ist ein Dichter
 
Ein erstklassiges Drama erkennt  
man daran, daß das Volk in ihm stört.  
Peter Hacks
 
Wenn es aber die Hauptrolle spielt, wie in dem Stück »Wir sind ein Volk«, das die Schriftstellervereinigung Weh und Ach im November 1989 in der »Heldenstadt Leipzig« herausgebracht hat? Wenn es aus der Rolle fällt und über seine dramatischen Schöpfer her? Wenn es ihnen das Urheberrecht enteignet und das Drama zur Farce umschreibt, in dem die Autoren als Chargen auftreten, die, kaum haben sie die Bühne betreten, der szenischen Anweisung zu folgen haben: »(Geht ab.)«  
 
Es fällt ihnen schwer. Zu gut hatte es sich im Windschatten der Mauer leben und schreiben lassen. »Gute und schlechte Bücher, die die Zensoren verboten, wurden gleichermaßen mit dem Heiligenschein des Märtyrertums umgeben und damit für Kritik unangreifbar gemacht« (Günter de Bruyn). Der schlechte Autor, der dem Politbüro gefiel, wurde belohnt, besser noch der schlechte Autor, der nicht gefiel und deshalb bei BRD-Verlagen Devisen verdienen mußte. Vom politischen Bonus, den es solcher Literatur jahrzehntelang eingeräumt habe, spricht das westliche Feuilleton heute ganz unbefangen.  
 
Dieser Krieg ist aus, und die Gefahr, daß im Feuilleton und in den Verlagen demnächst Friedensmaßstäbe angelegt werden könnten, bedroht nicht nur die Papierverbraucher im Osten. Auch im Westen wird der Schriftstellerstand schrumpfen - nicht um die hier wie dort wünschenswerten neunundneunzig Prozent, aber doch um viele, die sich freiwillig an die ideologische Front gemeldet hatten und dafür von der ?>Frankfurter Rundschau« mit dem Dichter-Notabitur belohnt worden waren.  
 
Es ist verständlich, daß die Propagandakompanie, um ihrer Demobilisierung zu entgehen, das literarische Kriegsrecht mit seiner Generalklausel: Der Feind meines Feindes ist ein Dichter, in die Nachkriegszeit hinüberretten will. Groschenjungs, die auf den leisesten Wink eines Anzeigenkunden Männchen machen, spielen gegenüber Schriftstellern Standgericht. Leider, entfuhr es einem von ihnen in der »Frankfurter Allgemeinen«, leider könne der Hermann Kant ja schreiben (was aber nicht genüge, um weiter gedruckt zu werden). Es ist verständlich. Ist es auch aussichtsreich? 

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