29.09.2016 15:13
Regie: Timur Bekmambetow; mit Jack Huston, Morgan Freeman; USA 2016 (Paramount); 124 Minuten; seit 1. September im Kino
»Ben Hur«, die Geschichte vom Imperialismus und seinen Rebellen, ist häufig verfilmt worden: 1907 von Sidney Olcott (Drehbuch: Gene Gauntier) als viertelstündiges Destillat der Tale of the Christ von General Lew Wallace. 1925 von Fred Niblo (Drehbuch: June Mathis) in einer beeindruckenden Version, reich an Details in den realistischen Passagen, reich an Glanz in den biblischen. 1959 von William Wyler (Drehbuch: Gore Vidal u. a.), der im Vergleich mit Niblos Film, an dem er selbst als einer der Regieassistenten mitgewirkt hat, auf ganzer Linie versagt, worüber er mit elf Oscars getröstet werden musste; in Erinnerung bleibt immerhin George Relph als Tiberius.
Nun überrascht der für gut absetzenden Trash bekannte Russe Timur Bekmambetow mit einer Umdeutung der Geschichte. Sein Imperium befindet sich, anders als im Roman und in allen früheren Verfilmungen, auf zivilisatorischer Mission, aber muss sich gegen die Attentate der Zeloten, den Islamisten jener Zeit, doch einmal zur Wehr setzen. Erst danach artet das, was gut gemeint war, in Galeeren und Guantanamos aus und setzen sich die Falken durch, die für jeden attackierten Römer 20 Köpfe von Kolonisierten fordern.
Entsprechend neu erscheint der römische Widersacher des Juden Ben Hur, Messala. Er ist kein Rumpelstilzchen wie 1907, kein feister Herrenmensch wie 1925, kein abgefeimter Opportunist wie 1959. Er ist bloß loyal gegenüber der Armee, die ihm zur Familie wurde, nachdem ihn das Haus Hur, das ihn adoptierte, allzu oft an seine »anderen Götter« erinnert hat. Ben Hur wiederum ist kein Widerstandskämpfer wie im Roman oder in den Fassungen von 1907 oder 1925. Auch ist er, im Unterschied zu 1959, kein Aristokrat, der sich aus dem politischen Handgemenge heraushält, sondern ein friedliebender Hippie, der den Rebellen die Rebellion ausreden und über die paar Kreuzigungen hinwegsehen will.
Künstlerisch hat der Film nicht viel zu bieten. In den Actionszenen ermüdet die ewig fuchtelnde Kamera. Die ideologische Aussage aber ist in ihrer Wurstigkeit interessant genug: Das Imperium hat überzogen – Schwamm drüber. Das ist nicht römisch, das ist nicht US-amerikanisch, es ist nicht einmal christlich.
Stefan Ripplinger