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Beyond Punishment

17.06.2015 11:59

Regie: Hubertus Siegert; Deutschland 2014 (Piffl); 102 Minuten; ab 11. Juni im Kino

Redet man miteinander? Nie? Oder doch? Dieser deutsche Dokumentarfilm geht in drei praktischen Fällen der Frage nach, was nach einem Mordprozess, nach Verurteilung, nach oder während der Verbüßung zwischen Mörder und den Angehörigen der Opfer passieren könnte oder sollte. Also ein psychosoziales Experiment.

 Patrick von Braunmühl möchte von Birgit Hogefeld wissen, warum die RAF 1986 seinen Vater Gero, hoher Beamter im Außenministerium, getötet hat. Sie redet nicht. Er redet mit einem anderen RAF-Mitglied namens Manfred. Klar, der Mord ist juristisch ungeklärt, und »Mord verjährt nicht«.

Keins der drei Experimente führt in diesem Film zum Ergebnis des Miteinanderredens. Der Film kommentiert nicht. Er scheint das jeweilige Ergebnis selbst nicht zu kennen. Das ist spannend. Man geht mit, genauer: Ich ging mit. Nach Wisconsin, nach Norwegen. Dort verschließt sich ein Mann, dessen 16jährige Tochter ermordet wurde, einem Gespräch mit dem jugendlichen Täter. Und damit sind wir beim Paradefall. Denn das Reden hätte doch was gebracht. So kommt während dieses Experiments heraus, dass der Täter vom Opfer bis zur Weißglut gereizt worden ist. Per Telefon unterrichtete sie den Eifersüchtigen laufend über den Sex, den sie gerade mit dem anderen hatte. Der Fall rückt näher. Juristisch ist alles klar. Mord bleibt Mord. Aber für die Angehörigen des Opfers und für den Täter ist damit nicht alles geklärt (der Jugendliche kommt schon nach wenigen Jahren Jugendstrafe in den Ort der Tat zurück).

 Mir fällt eine afrikanische Tanzgruppe aus Ghana und der Elfenbeinküste ein. Sie führte im Projekt »Der internationale Gerichtshof « (Gintersdorfer/Klaßen) vor, wie in ihrer Heimat solch ein Fall gelöst wird: durch das Palaver (bittschön positiv gemeint). Die Gemeinschaft, Täter/Opfer inklusive, redet solange, bis eine von allen akzeptierte Lösung gefunden ist. Sorry, ich bin vom Film »Beyond Justice « weg, aber bin angeregt, in die Welt zu gucken. Wie war das noch mit der in Asien verbreiteten Auffassung, dass jeder seine Anteile an Schuld und Unschuld hat? Die Welt lässt sich eben nicht spalten in Ja oder Nein, Gott oder Teufel, Gläubige oder Ungläubige. – Ich hör auf. Palavern wir!

 Dietrich Kuhlbrodt


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