05.11.2014 12:52
Regie: Christian Schwochow; mit Charly Hübner, Milan Peschel; Deutschland 2014 (Ufa-Fiction); 90 Minuten; am 5.11., 20:15, ARD
Es sei Zeit »für einen großen Spielfilm über dieses Ereignis«, droht Regisseur Christian Schwochow. Das »tragikomische« TV-Event »Bornholmer Straße«, das am 5. November zur Primetime im Ersten läuft, widmet sich der Mauereröffnung am gleichnamigen Grenzübergang und erledigt die DDR endgültig mit dem, was der Deutsche für Humor hält. Der Film bietet alles, was dem Stammpublikum gefällt: platte DDR-Witze, Stereotypen des Beamtentums, einen Romeo-Julia-Abriss, kaserneskes Gebelle, Kalauerschaurigkeiten, Tierliebe sowie gastroenterologische Störungen, die die Klammer des Films bilden. Das Ergebnis ist langweilig und wehleidig, der Stil mit ruppig galant umschrieben. Mit der clownesken Musik könnte man es für Realsatire halten.
Interessanter ist, was so ein Film pünktlich zum deutschen Jubeltag soll. Abgesehen davon, dass in der DDR offenbar qua Geburt alle Menschen Uniform trugen und die Schamlosigkeit westdeutschen Triumphalismus kaum zu übersehen ist, dient die Hauptfigur Harald Schäfer (nach dem realen Zollbeamten Harald Jäger) als moralisches Vorbild für die vollendete gesamtdeutsche Seele, das man nach Oskar Schindler heim ins Reich holen kann. Schäfer wird »zum Helden der Geschichte« (ARD). Der Film zeigt entfesselte, friedliche Deutsche – es ist zum Fürchten.
Daniel Kunkel