20.08.2015 11:44
Regie: Bastian Günther; mit Jay Lewis, Chelsea Williams; Deutschland/USA 2015 (Real Fiction); 84 Minuten; ab 20. August im Kino
Seit bald zehn Jahren hat weltweit ein Genre Konjunktur: der Krisenfilm. Filmemacher aller Couleur versuchen in mannigfaltiger Form, die Ironie der Geschichte zu illustrieren, dass der angehäufte Wohlstand der westlichen Welt von heute auf morgen seinen Wert verlieren kann. Wohl hunderttausendfach flimmern trostlos in Szene gesetzte verfallene Konsumtempel als Symbol zerplatzter (zumeist amerikanischer) Träume über die Leinwand. So auch in Bastian Günthers „California City“. In der Hauptrolle: die titelgebende Kleinstadt, die ein Soziologe 1958 in der Mojave-Wüste gegründet hat. Der Kampf Mensch gegen Wüste entschied sich wenig überraschend zugunsten letzterer, und seit der Immobilienkrise steht ein Großteil der Häuser leer. Zurückgeblieben sind nur wenige, die mit Schrottsammeln ihren kargen Lebensunterhalt verdienen. Oder, wie der namenlose Protagonist, mit Schädlingsbekämpfung: Zwecks Eindämmung von Seuchen zieht er durch die verlassene Stadt und befreit die Swimmingpools der zwangsgeräumten Häuser von Moskitoplagen – und denkt dabei (dank Off-Kommentar laut) über Gott, die Welt und die Liebe nach.
Der deutsche Regisseur nähert sich seinem Sujet in einem „Hybrid-Film, der sich fließend zwischen Fiktion, Dokumentarfilm und Essay bewegt“ (Verleih): Die Suche des Protagonisten nach Insektennestern ist fiktiv, die Personen, denen er währenddessen begegnet, sind teilweise real. Das weitestgehende Fehlen einer Handlung kann Günther dabei nicht durch interessante Charaktere kompensieren, das filmische Konzept erscheint zu verkopft. Dramaturgische und inhaltliche Schwäche gehen so Hand in Hand: Die in symbolträchtigen Bildern recht plakativ vorgetragene Konsumkritik bleibt oberflächlich und ziellos. Wie so vielen Krisenfilme gelingt es auch vor „California City“ nicht, eine Ursachenforschung über das platitüdenhafte Lamento hinaus zu entwickeln. Einzig die exzellente Kameraarbeit, die in beeindruckenden Totalen die postapokalyptischen Landschaften einfängt und mit greller Farbsättigung die Wüstenhitze spürbar macht, reißt dieses misslungene Experiment raus.
Marten Brehmer