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Die Yes Men - Jetzt wird’s persönlich

20.08.2015 12:40

Regie: Laura Nix und die Yes Men; mit Jacques Servin, Igor Vamos; USA 2015 (NFP); 91 Minuten; ab 20. August im Kino

Es ist wie verhext. Egal, was man tut, einen wirklichen Effekt scheint es nicht zu haben. Zumindest wenn es um gesellschaftlich progressive Ansätze geht. Schreibt einer ein brillantes Buch, wird es nur von drei Leuten gelesen – dem Rest ist es zu verkopft. Dreht einer einen guten Film, nimmt den keiner ernst. Und wenn die Menschen massenhaft auf die Straßen gehen und protestieren, sind es meist die falschen Themen, der falsche Ansatz und die falschen Leute. Was also können Gesellschaftskritiker noch tun außer schlaue Texte für ausgegrenzte Intellektuelle zu schreiben?

Zwei Herren aus den Vereinigten Staaten gingen vor etwa 15 Jahren in Sachen Politaktivismus neue Wege. Sie setzten auf Satire, Übertreibung, Selbstironie und Humor. Sie imitierten ihren jeweiligen Feind und provozierten diesen mit dessen eigenen Mitteln. Dieses Prinzip verfolgen Jacques Servin und Igor Vamos heute noch. Mittlerweile ist ihre Gruppe The Yes Men weltweit bekannt. Was sie alles in den vergangenen Jahren erlebt haben, dokumentiert nun der insgesamt dritte Film des Duos. Darin inszenieren die beiden eine Fakepressekonferenz der reformunwilligen US-Handelskammer und sprechen sich in deren Namen für eine umweltschonende Klimagesetzgebung aus. Sie lassen Menschen in albernen Wasserballkostümen im New Yorker East River planschen, um der Uno zu demonstrieren, wie man den Klimawandel überleben kann, und feiern einen Deal zwischen Shell und Gazprom mit Blasmusik, Riesengaudi und der Übergabe eines Eisbärenkostüms, in dem zwei Statisten stecken. Zugegeben: Die Aktionen sind ulkig, originell und mit fast schlafwandlerischer theatraler Sicherheit inszeniert. Gegen Neohippies, Globalisierungsgegner und Ökoaktivisten gewinnen die Yes Men jeden Comedywettbewerb. Und selbst den reflektierteren Gesellschaftskritikern sind sie in Sachen Selbstironie haushoch überlegen. Ganz so leicht allerdings lässt sich das Modell der beiden witzigen Amis nicht übernehmen. Ihr Modell braucht einen Feind. Was aber, wenn uns die Theorie lehrt, dass es diesen Feind gar nicht gibt und wir in irgendeinem holistisch-dialektischen System stecken, das an sich die Misere ist? Ein spiralförmiges Gesellschaftskostüm basteln und darin zeternd durch die Fußgängerzonen rennen?

Katrin Hildebrand


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