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Godzilla

03.06.2014 12:01

Regie: Gareth Edwards; mit Aaron Taylor-Johnson, Bryan Cranston; USA 2014 (Warner Bros.); 123 Minuten; seit 15. Mai im Kino


Diesen Film wollte ich schon vor 40 Jahren sehen, damals bei der Sonntagsmatinee, von 200 Gleichaltrigen umzingelt, die mit mir einen präpubertären Orgasmus genossen, sobald Big G. auftauchte. Zwar erkannten sogar wir kleinen Dummköpfe, daß die Illusionstechnik auf niedrigstem Niveau rangierte. Aber die gigantische Projektion, der monströse Lärm aus den Lautsprechern und zumal die Vorstellung, es könne aus dem Meer wirklich mal ein Superdinosaurier steigen und die Welt der Großen winzig klein aussehen lassen: Das alles berauschte mich wie kein Kinostück seither. Wenn nun Godzilla bei seinen Zerstörungsorgien realistisch erschiene – wäre das nicht die Erfüllung all dessen, wovon ich als Zehnjähriger träumte?

Diesen Film habe ich jetzt. Anders als bei der schändlichen »Godzilla«-Travestie, die Roland Emmerich 1998 verbrach, hat Regisseur Gareth Edwards sich ernsthaft bemüht, das ziemlich mythische Urviech in die Tradition der Kaiju Eigu, der japanischen Monsterfilme, einzubetten. Leider hat er aus den Tohoscope-Fetzen der siebziger Jahre, die ich einst so liebte,auch die Charakterisierung des Ungeheuers als Freund der Menschheit übernommen. Hier wäre, dem apokalyptischen Szenario zuliebe, mehr Finsternis angebracht gewesen. Sie bleibt Godzillas Riesenfeinden, den Mutos, vorbehalten, insektoiden Scheusalen, die sich an Radioaktivität mästen, doch auch eine Kompanie Marines als Snack nicht verschmähen.

Die Schauspieler mühen sich redlich, neben den gewaltigen Stars des Films zu bestehen; Kameramann Seamus McGarvey beweist ein Auge für Katastrophen; und zwischen die Planierungsarbeiten der Ungetüme werden ein paar hübsche Horrorelemente eingestreut. Alles also, wie es sich gehört. Und trotzdem. Der Superrealismus, den ich mir für meinen alten Buddy G. so lange wünschte, nimmt ihm auch seinen infantilen Charme. Immer wieder führt Edwards, der sich auskennt, in Großaufnahmen Kinder vor, die den Giganten anstarren, wie ich ihn vor Zeiten beglotzte. Aber diese Identifikationsangebote ändern nichts: Mit den Haaren auf dem Kopf habe ich meinen Wunderglauben verloren. Und so enden zwei sehr spaßige Stunden mit einer gewissen Wehmut. Ich bin im Kino freilich schon viel übler enttäuscht worden.

 – Kay Sokolowsky

 

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