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300 Worte Deutsch

13.02.2015 12:52

Regie: Züli Aladağ; mit Pegah Ferydoni, Christoph Maria Herbst; Deutschland 2014 (DCM); 96 Minuten; ab 5. Februar im Kino

An »300 Worte Deutsch« lässt sich exemplarisch zeigen, wo bei den meisten deutschen Spielfilmen, die sich mit Immigration und Integration beschäftigen, die Fehler liegen. Da sind zunächst die überspitzt gezeichneten Charaktere: Der Leiter des Kölner Ausländeramtes, Ludwig Sarheimer, ist der typische deutsche Bürokrat, Hodscha Cengiz Demirkan das typische türkische Familienoberhaupt, seine Tochter Lale ist zwischen dem emanzipierten Leben als Studentin und den traditionalistischen Ansprüchen ihres Vaters hin und her gerissen.

Der Film unternimmt nur an wenigen Stellen den Versuch, sich selbstironisch mit seiner Klischeehaftigkeit auseinanderzusetzten, obwohl Regisseur Züli Aladağ genau diesen Bruch mit Multikultiklischees angestrebt haben will. Häufig erinnert der Film an die Serie »Türkisch für Anfänger«, die aber zumindest manchmal halbwegs klug mit den Problemen von Immigranten umgeht.

Auch die lineare Erzählweise und die platten Witze bieten keine Überraschungen, etwa wenn der türkisch aussehende Kenan plötzlich mit schweizerdeutschem Dialekt spricht. Der Regisseur, der als Kind aus der Türkei nach Deutschland gekommen ist, wollte das Thema humoristisch angehen. Es muss ja auch nicht immer ein düsteres Sozialdrama sein, wie es Aladağ vor einigen Jahren mit dem zu Recht hochgelobten »Wut« vorgelegt hat. Aber gute Drehbuchautoren müssten doch in der Lage sein, so ein Thema mit der nötigen Balance zwischen Ernst und Witz anzugehen. In Deutschland scheint es nur die beiden Extreme zu geben.

Der einzige Rassist im Film ist der von Christoph Maria Herbst genauso wie Stromberg als armseliges Arschloch gespielte Sarheimer, der eine Gruppe türkischer Bräute möglichst schnell wieder abschieben will. Davor kann sie nur das Bestehen eines Deutschtests retten. Lale und Sarheimers gutmütiger Neffe helfen ihnen beim Lernen. So suggeriert der Film zum einen, Rassismus gebe es nur in den Führungsetagen der Behörden. Der Rassist von nebenan, der applaudierend vorm angezündeten Flüchtlingsheim steht, kommt nicht vor. Zum anderen spielt Aladağ die Gefährlichkeit von Leuten wie Sarheimer herunter. Denn letztlich bleibt der nur eine mitleiderregende Witzfigur. Fabian Schmitt

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