Aktuelles

tl_files/hefte/2019/abo919start.jpg

To watch this video, you need the latest Flash-Player and active javascript in your browser.

Tomayers Video-Tagebuch

No-Go-Area Deutschland

Filmkritiken

Termine

Spot on

Jeder stirbt für sich allein

17.11.2016 14:26

Regie: Vincent Perez; mit Emma Thompson, Brendan Gleeson; Deutschland/Frankreich/ Großbritannien 2016 (X-Filme); 103 Minuten; ab 17. November im Kino

Hans Fallada schrieb seinen Roman 1946. Über die kleinen Leute im Berlin sechs Jahre zuvor. 60 Jahre später macht die widerständige Moral Furore in Israel, den USA und in England. Dort kam das Buch auf die Bestsellerlisten. Und jetzt ist der Film zu sehen. Auf dem internationalen Level, aber gedreht in Deutschland: ein bisschen in Berlin, ganz viel in Görlitz. Brendan Gleeson als Werkmeister, Emma Thompson als Ehefrau und beide in einem Mietshaus, das getreulich die Welt von damals widerspiegelt. Von der versteckten Jüdin bis zum fanatischen Nazi, vom Richter a. D. bis zur harmlosen Oma. Zwischen ihnen Arbeiter Brendan und Mutter Emma mit ihrer politischen Heimlichkeit. In den Treppenhäusern ringsumher legen sie Postkarten aus, die zum Widerstand aufrufen. »Tötet Hitler« lautet die moralische Botschaft. Und die Botschaft des Romans und jetzt auch des Films ist: Nicht alle Deutsche waren Nazis.

Okay – aber. Es ist der hohe, ja, perfekte Stand des Filmhandwerks, der »Jeder stirbt für sich allein« allzu zudringlich macht. Wenn die Stars dezidiert sprechen und jeder Satz nachhallt, ja, dann kann man ihn sich sicherlich besser merken. Auch dürfte die Synchronisation des Guten zuviel gemacht haben. Dass die Mimik der Schauspieler sich die ganze Zeit kaum verändert, mag sich ja der Regisseur einfallen haben lassen, es würde der traurigen Stimmung des Films entsprechen. Dass aber von Anfang an eine tragische Musik dem Zuschauer vorgibt, wie er sich zu verhalten hat … – es ist von allem too much, um es auf deutsch zu sagen.

Gut, es gibt auf allen Ebenen Topleistungen des Filmteams. Mit viel Liebe kommt in jeder Outdoor-Einstellung ein Oldtimer um die Ecke gefahren oder ein Bus oder – da schon wieder! – ein Zug aus dem Straßenbahnmuseum. Was? Die Tram fährt links? Na, das ist ein Hingucker.

Stopp! Ich will mich über den Film nicht lustig machen. Es gibt ja noch andere Zuschauer außer mir. »Jeder stirbt für sich allein « ist sozialpädagogisch wertvoll, und außerdem wird der Nazi-Bulle, der die beiden kleinen Leute zur Strecke bringt, schließlich bekehrt. Auch er leistet Widerstand. Wer das ist? Ein Deutscher, Daniel Brühl. Dietrich Kuhlbrodt

Zurück