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Looping

01.09.2016 12:46

Regie: Leonie Krippendorff; mit Jella Haase, Lana Cooper, Marie-Lou Sellem; Deutschland 2016 (Edition Salzgeber); 104 Minuten; seit 25. August im Kino

Drei Frauen tanzen in einem abgedunkelten Raum, durch dessen Fenster etwas orangefarbenes Licht fällt. Sie lachen und drehen sich gegenseitig im Kreis. Die größte umarmt die beiden anderen. Die Frauen küssen sich.

Die Protagonistinnen aus Leonie Krippendorffs Spielfilmdebüt lernen sich in einer psychiatrischen Klinik kennen und lieben.

Doch, obwohl sie der Handlungsort ist, bringt der Film die Psychiatrie fast zum Verschwinden und stellt den Bund der drei Frauen in den Vordergrund. Zunächst erleben die Zuschauer/innen Leilas letzte Nacht vor dem Klinikaufenthalt mit, es folgen Szenen, die ihr Ankommen in der Psychiatrie beschreiben, bevor eine Rückblende Frenjas Vorgeschichte erzählt. Warum Ann in der Klinik ist, wird erst am Ende des Films angedeutet.

Der Umstand, dass zwischen den Frauen ein deutlicher Altersunterschied liegt, eröffnet die Möglichkeit, verschiedene weibliche Perspektiven abzubilden. Die Frauen haben mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen, sie sind sozial unterschiedlich verankert – oder auch nicht.

Wie bei vielen deutschen Produktionen wird auch in diesem Film an Worten gespart – warum auch nicht, wenn es Schauspielerinnen gibt, die Emotionen wortlos verkörpern können? Jella Haase, die bereits in »4 Könige« eine Psychiatriepatientin gespielt hat, aber bekannter aus »Fack ju Göhte« ist, bildet hier sehr eindrücklich und authentisch den Zustand eines Mädchens nach einer Vergewaltigung ab, obwohl es dafür keine immer gültigen Verhaltensweisen gibt.

An einigen Stellen allerdings wirkt der Dialog pathetisch und die Handlung konstruiert. So kommt die Nähe, die Ann gegenüber Leila zeigt, sehr überraschend – die Phase zwischen Kennenlernen und tiefer Verbindung wäre interessant gewesen. In vielen Szenen zeigen Ann und Frenja mütterlich konnotierte Gesten, wodurch die Grenzen zwischen Beziehungsformen verschwimmen. Die junge Regisseurin zeigt hier auf sensible Weise drei Frauen, die (auch sexuell) füreinander da sind, ohne dass die Beziehung genauer benannt werden könnte oder müsste.

Wenn es um die traumatischen Vorgeschichten geht, arbeitet der Film visuell mit Brüchen: Immer wieder brechen Szenen abrupt ab, und es folgt eine kurze Sequenz, die ein Traumbild, eine Erinnerung sein kann oder metaphorisch ausdrückt, was gerade passiert ist. Dagegen erzeugen Close-ups und lange Sequenzen, in denen sich die Protagonistinnen einfach nur ansehen, miteinander lachen oder sich küssen, Ruhe.

Dadurch, dass sich die verschiedenen Lebenswelten der Frauen nicht in erster Linie um Männer drehen, sticht »Looping« aus der aktuellen deutschen Filmlandschaft hervor. Laura Späth


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