27.11.2014 15:29
Regie: Woody Allen; mit Emma Stone, Colin Firth; USA 2014 (Warner); 98 Minuten; ab 4. Dezember im Kino
Alles an Woody Allens neuestem Film ist weich– das Licht, die Texturen, die Konflikte, auch die Musik. Der große Jazzfan hat die »roaring twenties« in ein pittoreskes, eigenartig franzosenloses Südfrankreich verlegt, wo der Londoner Zauberkünstler Stanley Crawford einem Freund zu Hilfe eilt, um das zu tun, was er neben der Bühnentrickserei angeblich am besten beherrscht: Der griesgrämige Positivist Crawford soll ein Medium als Betrügerin entlarven, bevor die Amerikanerin eine wohlhabende Familie vollends um ihren Finger gewickelt hat. Colin Firth gibt diesen Crawford als klischeehaften Musterbriten mit derart lässiger Arroganz und steifer Mimik, dass nie auch nur der Hauch eines Zweifels besteht, wie massiv sein Weltbild und seine Gesichtszüge noch entgleisen werden. Doch so vordergründig Woody Allen seine Geschichte auch um den schönen Schein und dessen Entlarvung baut: Die farbensatte, blütenprächtige Côte d’Azur und die opulenten Wohnräume des Großbürgertums, die der große Kameramann Darius Khondji von der Sonne umschmeicheln und stets ins Unscharfe fallen lässt, bleiben dabei immer nur eine beinahe gemäldehafte, gefährlich nah am Kitsch angesiedelte Schönheit, der die Dekonstruktion verweigert wird.
Womöglich wäre Allen dies schlicht zu eindeutig gewesen. So verlegt er seinen filmischen Kosmos eben in ein Zwischenreich, in dem die Konturen leicht verwischen und in dem manch vorhersehbare und unglaubwürdige Wendung sich als Zauberspruch aus dem Repertoire der Kinomagie entschuldigt. Selbstredend, dass alles Geraune über Illusion, Wirklichkeit und die Notwendigkeit der angenehmen Lüge genausogut das Kino zum Thema haben könnte – so wie der Regisseur Betrüger und Zauberer zugleich sein mag. Im weiteren Verlaufe der Handlung freilich sucht das philosophische Räsonnement Zuflucht in der überschaubareren Welt des Gefühlshaushaltes der Protagonisten: Ach, seufz, ist die Liebe nicht auch eine Himmelsmacht?
In all dem verbergen sich genug leiser Witz und gar einige kleinere Gemeinheiten, um die erzählerische Leichtigkeit herzustellen, nach der sich viele schwächere Regisseure so vergeblich strecken. Woody Allen allerdings hätte auch diese Erzählung (wie zuletzt »Blue Jasmine«) mit etwas mehr Realismus grundieren können, ohne sie damit gleich plump zu beschweren. Tim Slagman