22.03.2016 12:09
Regie: Barry Levinson; Bill Murray, Kate Hudson; USA 2015 (Splendid Film GmbH); 100 Minuten; ab 24. März im Kino
Afghanistan ist in unserer Vorstellung ein vom Krieg zerrüttetes Land, dessen Infrastruktur einem Chaos gleicht und das dortige Leben geprägt ist von Kontrolle und strengen gesellschaftlichen Regeln. Wir haben Bilder im Kopf von brennenden Autoreifen auf der Straße, von Autos hinterherlaufenden, bettelnden Kindergruppen und bärtigen Männern, die einem generell feindlich gesinnt sind. All das findet sich in „Rock the Kasbah“ wieder und es wird nicht im Geringsten besser, wenn ein Amerikaner angesichts einer hochgehenden Landmine scherzt: „Muss eine Art Festival sein.“ Willkommen im Klischee.
Der Film von Barry Levinson, den wir noch in guter Erinnerung durch sein hervorragendes Drama „Avalon“ (1990) haben, enttäuscht auf ganzer Linie. Der Verleih promotet ihn als eine „auf einer wahren Begebenheit basierende Komödie“, die nur so „strotzt vor herrlich schrägen Momenten“, dabei „aber nicht den ernsten Hintergrund des Afghanistan-Konflikts“ verschweige. Es wirkt, als habe man sich auf der „wahren Begebenheit“ ausgeruht, das allein macht eine Story aber nicht gut - auch nicht, wenn hochkarätige Schauspieler und Schauspielerinnen dabei sind. Denn die scheinen auch alle nicht so recht an den Film zu glauben.
Die Geschichte dreht sich um den gealterten Rockmanager Richie (Bill Murray), der eine Geldquelle wittert und kurzerhand mit seinem einzigen Talent Ronnie („New Girl“ Zooey Deschanel) nach Afghanistan reist, wo sie die Soldaten etwas erheitern soll. Die hat allerdings gar kein Bock darauf und haut noch am selben Abend mit Richies Portemonnaie mitsamt seinen Pässen ab. Richie geht daraufhin einen Deal mit zwei Kleinganoven ein, bringt mithilfe eines Söldners (Bruce Willis in einer besonders lustlosen Performance) Waffen in ein abgelegenes Paschtunen-Dorf und entdeckt dort – wie soll es auch anders sein – das Talent seines Lebens: Auf einem Hügel stehend, umgeben von einer weiten Berglandschaft, hört Richie plötzlich eine ferne weibliche Stimme, die ihn aufhorchen lässt. Er folgt dem Gesang und findet das Paschtunen-Mädchen Salima in einer abgelegenen Höhle. Salima springt bei seiner Ankunft sofort auf, rennt eine Kerze um und aus der Höhle heraus.
Es drängt sich die Frage auf: Wie konnte er den Gesang aus dieser großen Entfernung hören? Mehr noch: das Dorf, in dessen Kultur das Singen den Frauen nicht erlaubt ist, aber nicht? Nun folgt das vorhersehbare Dilemma: Richie will das burkatragende Mädchen unbedingt vor die Jury der afghanischen Ausgabe von „Deutschland sucht den Superstar“ bringen, die Dorfgemeinschaft ist davon gar nicht begeistert. Salima trotzt jedoch ihrer Familie, bedient sich einer „Es ist Allahs Wille“-Rhetorik, und am Ende steht sie schüchtern und unverhüllt vor laufender Kamera und singt Lieder von Cat Stevens. Vorher wurde sie noch von einer US-amerikanischen Edelprostituierten (Kate Hudson scheint nur dabei zu sein, um gut auszusehen), Richies neuer Freundin, hübsch gemacht.
Ich habe kein einziges Mal gelacht und wäre beinahe eingeschlafen. Die konventionell US-amerikanische Filmtechnik mit genug Explosionen, um Action zu vermitteln und nahen Gesichtsaufnahmen, um ja auch Emotionen mitfühlen zu können, wirkt eher gezwungen. Der einzige Satz, der mir gefiel, sagt der lokale Taxifahrer – übrigens auch die einzige Figur, für die man Sympathie entwickelt – zum feigen Richie: „Du belehrst mich nicht über Mut. Nicht du!“ Den Filmemachern möchte man zurufen: Bitte belehrt mich über rein gar nichts!
Und das singende Paschtunen-Mädchen? Man sollte meinen, es hätte eine Hauptrolle, die geht allerdings gänzlich unter. Erst mit mutiger Durchsetzungskraft, später dann doch ihrem Vater gegenüber kleinbeigebend, erfährt man nicht viel mehr von Salima, als dass sie eben ganz gut singen kann. Wobei sich auch das in Grenzen hält, ganz zu schweigen von ihrem Ausdruckstalent auf der Bühne.
"We came, we saw, we kicked its ass!", triumphierte einst Bill Murray in seiner Rolle als Ghostbuster, nachdem er und sein Team New York von Geisterdämonen befreit hatten. „Well, now they kicked yours“, könnte man sagen, wenn man nun mitansehen muss, wie sich ein großartiger Schauspieler zum Affen macht. Das kann Murray zweifelsohne zwar ziemlich gut, tat es bisher jedoch auf sympathischere Weise. Ist er einfach zu alt geworden und sucht nun wie Richie händeringend nach einem letzten Erfolg?
Dieser von Klischees, stumpfen Witzen und unrealistischen Begebenheiten strotzende Film wird es jedenfalls nicht. Die „wahre Begebenheit“ beruht im Übrigen allein auf der Tatsache, dass ein Paschtunen-Mädchen vor ein paar Jahren an der TV-Show „Afghan Star“ teilgenommen hat. Es schied in der letzten Runde aus.
Leonie Ruhland