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Spot on: Labor Day

13.05.2014 17:14

Regie: Jason Reitman; mit Kate Winslet, Josh Brolin; USA 2013 (Paramount); 111 Minuten; ab 8. Mai im Kino

Jason Reitman, Sohn des großen Komödienregisseurs Ivan Reitman, hat sich mit seinen bisherigen vier Filmen als unschlagbar darin erwiesen, auf dem schmalen Grat zwischen Tragik und Komik zu wandeln. Seine Filme, von »Thank You for Smoking« bis »Young Adult«, sind perfekt getimete Komödien, die die Neurosen ihrer schrägen Hauptfiguren ans Licht zerren, ohne diese auf Schablonen zu reduzieren. Sein neues Werk »Labor Day« wirkt daher wie ein Fremdkörper in seiner Filmographie: In der werktreuen Verfilmung von Joyce Maynards Roman verzichtet er weitgehend auf Komik und zelebriert allerlei stumpfe Erzählklischees. Nur selten blitzt seine stilbildende Beobachtungsgabe hervor.

Der psychologisch und sexuell aufgeladene Plot – ein entflohener Sträfling findet Unterschlupf bei einer depressiven alleinerziehenden Mutter und ihrem Sohn, erweist sich schnell als herzensguter Kerl und schlüpft von der Geiselnehmer- in die Vaterrolle – funktioniert durchaus als Coming-of-Age-Story und Reflexion über Gastfreundschaft. Ärgerlich aber ist, wie wenig ambivalent Reitman die Schlüsselfigur des Eindringlings Frank in Szene setzt: In sonnig-kitschigen Rückblicken erfahren wir seine tragische Vergangenheit, die ihn zum Mörder werden ließ. Ebenso simpel erklärt der Sohn aus dem Off den geistigen Zustand seiner Mutter Adele. Das alles wirkt schwerfällig und voraussehbar, verströmt einen Hauch von Telenovela.

Dabei hatte Reitman mutmaßlich eher die Großmeister des Hollywood-Melodramas, wie Douglas Sirk, im Blick, als er »Labor Day« inszenierte. Dazu aber fehlt es dem Film an der unbedingten, den Kitsch umarmenden Hingabe für die verzweifelte Liebe seiner Protagonisten. Die Leiden von Frank und Adele lassen uns viel zu kalt. Einzig in der kunstvoll beiläufigen Verwebung von Plot und visuellen Motiven zeigt Reitman erneut sein Können: Die zunächst rätselhaften Kochszenen transportieren eine einnehmende Gemütlichkeit, die zumindest das Ende des Films als organischen Schlußpunkt vorbereiten. Sonst enttäuscht »Labor Day«, wenn auch auf hohem Niveau: Reitman hat einen routinierten, unspektakulären Film gedreht, der mit der emotionalen Achterbahn seiner vorigen Filme wenig gemein hat.

– Tim Lindemann –

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