Heuchelei und Spaß dabei

Von wegen Deutschland. Dem AfD-Clown Maximilian Krah geht’s nur um sich. Von Nicolai Hagedorn

Die prominenten Figuren der weltweiten Neuen Rechten, wie Trump, Bolsonaro oder Milei, sind unübersehbar auch Vorbilder für die deutschen Hanswurste der AfD. Ein besonders glänzendes Beispiel dafür ist der AfD-Spitzenkandidat für die anstehende Europawahl, Maximilian Krah, der die bei Donald Trump immerhin noch irgendwie authentische Arroganz des kapitalistischen Aufsteigers und -schneiders durch allerlei Unverschämtheiten gegenüber Frauen, rechtsradikales Getröte und peinliche Tiktok-Videos nachzuahmen versucht.

Indessen führen seine Performance, samt Look eines besonders langweiligen Sohnes von Helmut Kohl, in der AfD wiederholt zu Unmutsbekundungen. Kurz nach seiner Wahl zum AfD-Europa-Spitzenkandidaten etwa gab er seinen Anhängern via Tiktok zunächst Dating-Tipps: »Jeder dritte junge Mann hatte noch nie eine Freundin. Du gehörst dazu? Schau keine Pornos, wähl nicht die Grünen, geh raus an die frische Luft, sei selbstbewusst, guck geradeaus.« Kurz darauf erzählte er der DPA, die AfD verkörpere eben ein bestimmtes soziokulturelles Milieu – und erklärte damit die Anhängerschaft seiner Partei en passant zu einsamen, gekrümmten Wichsern. Vermutlich mit einigem Recht, aber besonders gut dürfte das bei der Basis nicht angekommen sein.

Wo immer Krah auftaucht, riecht es überdies bald streng nach Mogelei und Selbstbereicherung. Nach neun Jahren Bummelstudium in Jura startet er 2005, also mit 28 Lenzen, als Rechtsanwalt in der Kanzlei Fetsch Rechtsanwälte, einer auf Gesellschaftsrecht spezialisierten Sozietät in Dresden ins Arbeitsleben. 2008 transferierte er laut »Spiegel« als Anwalt ein zweistelliges Millionenerbe der antisemitischen Piusbruderschaft durch die Gründung von Scheinfirmen zum Nachteil der deutschen Steuerzahler nach Liechtenstein; 2010 konnte sich der Sohn eines Ingenieurs und einer Sonderschullehrerin dann plötzlich ein rund 200.000 Euro teures Zusatzstudium in New York leisten, das er aus Erspartem finanziert haben will, wie die Dresdner Wahlinitiative »OB Wahl 2022« berichtet. 2015 gründete Krah mit Partnern eine eigene Kanzlei in Dresden, die Weiler Krah Petersen LLP, die aber als Zweigniederlassung einer Firma gleichen Namens mit Hauptsitz im englischen Birmingham (daher auch die britische Rechtsform LLP) firmierte. Und zwar, wie die »Wahlinitiative« herausgefunden hat, in einem »Bürohaus, das einem multinationalen Konzern gehört, der auch durch die Vermietung von Briefkastenfirmen Erlöse von ungefähr einer halben Milliarde Dollar pro Jahr erwirtschaftet.« Auch hierbei ging es also offenbar in erster Linie um die Vermeidung von Steuerzahlungen.

Gern reist Maximilian Krah um die Welt, voller Begeisterung für die autoritärsten Regime, die er finden kann. Selbst die chinesische Form des Autoritarismus hat es ihm angetan, jedenfalls gratuliert er schon einmal per Videobotschaft zur Gründung der Volksrepublik. Und so sind auch die chinesischen »Kommunisten« begeistert von Krah und spendabel. Im November 2019 finanzierten unter anderem Staatskonzerne wie Huawei und China Petroleum eine China-Reise des Politikers, Krah setzte sich später für die Beteiligung Huaweis am 5G-Netzausbau in Deutschland ein. Inzwischen untersucht der deutsche Verfassungsschutz die Kontakte Krahs zur KP in China, offenbar wegen Spionageverdachts. Beste Beziehungen pflegt er selbstverständlich auch nach Russland. Am Tag des Überfalls auf die Ukraine twitterte Krah zu einem Bild einer Broschüre der »Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung«, in der es um Sexualaufklärung geht: »Das ist der Feind. Nicht Russland!« Sogar die wenig zimperliche rechtsradikale Europaparlamentsfraktion »Identität und Demokratie« suspendierte Krah in der vergangenen Legislatur gleich zwei Mal. Einmal, nachdem er zunächst statt der rechtsradikalen Le Pen eine noch rechtere Figur in Frankreich unterstützt hatte; ein zweites Mal im Frühjahr 2023, nachdem er von einem anderen Fraktionsmitglied beschuldigt worden war, die Vergabe eines PR-Auftrages zugunsten einer von ihm bevorzugten Agentur manipuliert zu haben.

Der Anwalt und Politiker Maximilian Krah hat also als Schüler, Student und Abgeordneter zeitlebens die öffentliche Infrastruktur genutzt, sich von der Allgemeinheit bezahlen lassen und mit drei Frauen acht Kinder in die Welt gesetzt (so viel zum von ihm gern bemühten »Mama-Papa-Kind-Familienbild), die jetzt Schulen, Schwimmbäder und Universitäten besuchen. Alles, während er selbst dabei mitgewirkt hat, der Allgemeinheit Millionen Steuergelder zu entziehen, sich von totalitären Regimen aushalten lässt und auch sonst nicht mehr als sein eigenes Fortkommen im Sinn hat.

Auch politisch ist sich der Mann, der ob seines ewigen Geprotzes selbst von den eigenen Leuten »Schampus-Max« genannt wird, sowieso für nichts zu schade. Der Feminismus, so ließ er wissen, sei »das Geschäft von 30 Prozent grässlichen, hässlichen und letztlich frauenfeindlichen Weibern«. Die Vorfahren der Deutschen seien »keine Verbrecher« gewesen, sondern gestorben, »damit Deutschland lebt«. Der Satz »sie starben, damit Deutschland lebe« entstammt der Mitteilung des Oberkommandos der Wehrmacht, mit der am 3. Februar 1943 die Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad erklärt wurde.

Von der berühmten »Remigration«, also der erzwungenen Ausweisung von Migranten aus Deutschland, seien 25 Millionen Menschen betroffen, lässt Krah in seinem Buch »Politik von rechts« durchblicken und fragt sich und seine Anhänger scheinheilig, was mit all diesen Menschen »geschehen soll«; bereits 2019 berichtete das Portal »Belltower News«, dass Krah einen gewissen Guillaume Pradoura – den ehemaligen Mitarbeiter des Rassemblement Nationale-Politikers Nicolas Bay – eingestellt hatte. Pradoura war zuvor aus der Le-Pen-Partei geflogen, weil er ein Foto von sich verbreitet hatte, auf dem er »als Karikatur eines orthodoxen Juden verkleidet, mit Hut und Schläfenlocken, wobei er seine Finger in beinahe krallenähnlicher Form gekrümmt hält wie auf Propaganda-Darstellungen aus der NS-Zeit« zu sehen ist. Zu der Foto-Aktion von Pradoura, der laut der ehemaligen Rassemblement Nationale-Politikerin Sophie Montel auch Kontakte zur Identitären Bewegung und zum Ku-Klux-Klan pflegte, erklärte Krah seinerzeit auf »Taz«-Nachfrage: »Ich kann darin kein Fehlverhalten erkennen.«

Nicolai Hagedorn schrieb in konkret 10/23 über jüdische Filmemacher/innen in der BRD